thebroker findet: Spitalarchitektur – Zeit zum Abstauben
13. Juni 2022 | Aktuell AllgemeinKleine Zimmer, eng aneinander gestellte Spitalbetten, Toiletten und Duschen, die mit anderen Patient*innen auf der gleichen Etage geteilt werden müssen, alles übertüncht mit diesem uns allen bekannten bestimmten Krankenhaus-Geruch bereits ab dem Eingangstor der Klinik. So sieht es noch immer in vielen der Gesundheitszentren oder Bettenburgen der Schweiz aus. Muss das so sein? Die Antwort von thebroker lautet unwiderlegbar: Nein.
Wer stationär in ein Krankenhaus muss, hofft darauf, das Spital möglichst bald wieder verlassen zu können – zunächst meist unabhängig vom baulichen Zustand der Klinik. An allererster Stelle steht selbstverständlich die medizinische Betreuung und deren hoffentlich positiver Ausgang. Da dürfen auch in Zukunft nicht die kleinsten Abstriche gemacht werden. Im Gegenteil. Selbst im ältesten Haus bietet unser Land überall freundliches, Fachpflegepersonal und kompetente Ärzt*innen. Für die hohen Schweizer Pflegestandards können wir uns alle dankbar und glücklich schätzen.
Dennoch: Leider bemerken Patient*innen und Begleitpersonen schon unmittelbar vor dem Betreten einer Klinik den Krankenhäusern eigene Odeur, welche unnötigen Respekt, wenn nicht sogar zusätzliche Angst vor der anstehenden Behandlung vermittelt.
Vorreiterkliniken im nahen Ausland
Haben Sie sich schon einmal gefragt, weshalb man einem Spital selbst bei Neubauten fast ausnahmslos schon von aussen ansehen muss, dass hier hinter dicken Mauern Skalpell und Spritzen warten? Und woher kommt zudem dieser typische Klinikgeruch? Dass es auch ganz anders geht, zeigen (bis anhin) einige wenige Privatkliniken.
Es lohnt ein Blick über die Grenze nach Deutschland. Die 2020 vom renommierten, preisgekrönten italienischen Architekten Matteo Thun erbaute und letztes Jahr eröffnete staatliche Waldklinik Eisenberg im deutschen Bundesland Thüringen erhält inzwischen von Politik, Medizinern und Patient*innen Bestnoten und findet weltweit grosse Beachtung. Thun orientierte sich in der Gestaltung der nicht rein medizinischen Teilbereiche der Spitalarchitektur an seinen Erfahrungen als Schöpfer einiger seiner weltberühmter Hotels, wie folgender kurzer Clip eindrücklich zeigt:
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Die Bilder beweisen: Von aussen wie innen ähnelt Eisenberg eher einem Hotel der Oberklasse als einem Krankenhaus. In der Lobby riecht es nach Kaminholz und frisch gebackenem Brot. Wer sagt, dass die Betten in einem Doppelzimmer nebeneinander platziert werden müssen, irrt. In der Waldklinik stehen sie sich versetzt gegenüber, sodass man Blickkontakt haben kann, während ein Vorhang aber auch die Privatsphäre eines eigenen Raumes ermöglicht.
Das Leitmotiv bei den Überlegungen für die Waldklinik war, dass ein Spital trotz höchster medizinischer Qualität und modernster Medizintechnik nicht wie ein solches aussehen muss, sondern auch schön sein darf.
Schöne Spitalarchitektur kann auch günstig
Geld taugt nicht als Argument gegen solche Architektur. Die Entstehungskosten lagen in Thüringen sogar tiefer, wie bei anderen Krankenhausneubauten gleicher Grösse im selben Bundesland. Rund zwanzig Euro pro Quadratmeter weniger wurden budgetiert und tatsächlich eingehalten.
Für den Spitalaufenthalt ins Ausland?
Die Grundversicherung lässt Spitalaufenthalte im Ausland nicht zu. Sinnvoll wäre dies aber sowieso nicht. Denn auch in der Schweiz gibt es mittlerweile sogar grössere Kliniken, die sich nach den individuellen Bedürfnissen ihrer Patient*innen richten.
Vorbildlich, wenn auch nicht einzigartig in der Schweiz, ist beispielsweise die private Belegklinik Merian Iselin in Basel. Der Eingangsbereich mutet eher als Hotellobby an, mit Empfangsdesk, moderner Sitzgruppe und grossen Bildern an den Wänden. Die Zimmer sind mit hohem Komfort eingerichtet, medizinische Geräte, welche je nach Zustand des Patienten nicht gebraucht werden, sind geschickt verdeckt, im Notfall aber direkt verfügbar. Die Verpflegung ist der eines Restaurants ebenbürtig. Wenn da die umfassende medizinische Betreuung nicht wäre, wähnte sich ein*e Patient*in in einem Gästehaus der oberen Klasse.
Was denken Sie?
thebroker ist der Meinung, dass die bisherige Krankenhaus-Architektur und Aufenthaltsumgebung der Vergangenheit angehören muss. Mehr Mut, Kreativität und Innovation sind gefragt. Dazu darf man sich ein Beispiel an Thüringen nehmen. Denn es ist wissenschaftlich längst erwiesen, dass eine von den Patient*innen als angenehm empfundene Umgebung wesentlichen Einfluss auf die Genesung hat.
Und übrigens: Die Waldklinik Eisenberg wurde nicht als Wallfahrtsort für Gutbetuchte konzipiert, sondern für die Aufnahme von Klassenpatient*innen.
Im aktuellen Ranking des amerikanischen Nachrichtenmagazins «Newsweek» steht das Universitätsspital Lausanne an erster Stelle. Geprüft wurden 2 000 Spitäler und Kliniken aus 25 Ländern. Auf Rang zwei und drei folgen das Unispital Zürich und das Universitätsspital Basel.
Rangliste Schweiz: Die Liste berücksichtigt ausschliesslich die medizinische Aspekte ohne Berücksichtigung vom Komfort und der Intimsphäre des Patienten
- Centre Hospitalier Universitaire Vaudois Lausanne (CHUV) | ↑ + 1
- Universitätsspital Zürich (USZ) | ↓ – 1
- Universitätsspital Basel (USB) | ↑ + 1
- Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG) | ↓ – 1
- Klinik Hirslanden Zürich | ↑ + 1
- Claraspital Basel | ↑ + 2
- Lindenhofspital Bern | ↑ + 2
- Stadtspital Triemli Zürich | ↑ + 2
- Hirslanden Klinik Aarau | ↑ + 6
- Clinique Générale-Beaulieu Genève | ↑ + 3
- Bethesda Spital Basel | ↑ + 9
- Luzerner Kantonsspital Luzern (Luks) | ↓ – 5
- Inselspital Bern (Insel Gruppe) | ↓ – 8
- Clinique de La Source Lausanne | ↑ + 2
- Hirslanden Klinik Im Park Zürich | neu
- Spital Zollikerberg | ↑ + 6
- Kantonsspital Winterthur (KSW) | –
- Hirslanden Klinik St. Anna Luzern | –
- Kantonsspital Baden (KSB) | –
- Hôpital de la Tour Meyrin | neu
- Kantonsspital St. Gallen (KSSG) | ↓ – 7
- Zuger Kantonsspital | ↓ – 10
- EOC – Ospedale Regionale di Locarno Bellinzona | neu
- Privatklinik Bethanien Zürich (SMN) | neu
- Kantonsspital Baselland (KSBL) | neu
Binci Heeb
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