750 Kilometer in 7 Tagen ohne Essen

7. Juni 2024 | Aktuell Allgemein Interviews
750 Kilometer In 7 Tagen ist Nico Halter in Badeschlappen mit seinem Velo gefahren – ganz ohne Essen.
750 Kilometer In 7 Tagen ist Nico Halter in Badeschlappen mit seinem Velo gefahren – ganz ohne Essen.

Nico Halter, ein Schadensachbearbeiter bei einer deutschen Versicherung hat etwas getan, was die Frage aufwirft «warum»? In sieben Tagen ist er in Badeschlappen mit seinem Velo 750 Kilometer gefahren – ganz ohne Essen. thebroker hat sich mit ihm unterhalten. Weshalb jemand so etwas tut, erfahren Sie im Interview mit Nico Halter.

Nico Halter, wie kamen Sie auf diese verrückte Idee? Ging es um eine Wette?

Alles hat mit meinem dritten Kreuzbandriss im Sommer 2023 begonnen. Ich habe bis dahin leidenschaftlich Fussball gespielt und das ging ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Da ich an diesem Bein schon einmal einen Kreuzbandriss erlitt, wusste ich, dass es ein langer Weg würde, bis ich wieder fit war, da ich zwei Operationen benötigte. Dadurch bin ich in ein emotionales Loch gefallen. Um da wieder herauszukommen, habe ich mit meiner Freundin intensive Gespräche geführt und wollte etwas machen, worauf ich stolz sein werde. Generell mache ich gerne extreme Sachen. Zum Beispiel Eisbaden

Von einem Buch habe ich mich für eine Fahrradtour inspirieren lassen, da ich etwas Extremes machen wollte, was zeitnah nach meiner zweiten OP umsetzbar war. So wurde ich im Februar diesen Jahres nochmal am Knie operiert, vier Wochen später durfte ich ohne Krücken laufen und drei Monate nach der OP ging die Reise los. 

Was sagten Ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Versicherung, als sie von Ihrem Vorhaben hörten?

Als ich meine Kolleginnen und Kollegen von meinem Vorhaben informiert hatte, waren Sie erstmal sehr verblüfft, wie ich das meine «ohne Essen». Die Begeisterung und das Interesse waren aber sofort da. Ich hatte mich dann auch regelmässig mit dem ein oder anderen darüber ausgetauscht. 

Ich erhielt viele nette Nachrichten auf meinem Instagram-Account nicoohalter, wo ich die Tour dokumentiert habe, damit sie mich verfolgen und mitfiebern konnten, wie jeder einzelne Tag verläuft. 


Weshalb haben Sie nicht wenigstens ein paar Turnschuhe angezogen?

Ich fühle mich in offenen Schuhen einfach wohler und trage auch in meiner Freizeit und beim Sport selten geschlossene Schuhe. Für mich war die Frage: Entweder geschlossene Schuhe und kein zweites Pärchen mitnehmen oder von Anfang an meine «Wohlfühl Schuhe». Somit musste ich mich entscheiden. Wenn die Sportschuhe einmal nass sind, ist es ungemütlich und das wollte ich nicht. Und als zusätzliches Alleinstellungsmerkmal habe ich mich dafür entschieden. 

750 Kilometer: Sie sind 7 Tage lang bei Wind und Wetter gefahren?

Ja bei Wind und Wetter. Ich hatte einen festen Zeitplan, den ich einhalten musste.

Bis wohin führte Sie die Reise?

Von 77787 Nordrach, einer Gemeinde im Schwarzwald in Baden-Württemberg, ging es 750 Kilometer bis nach Frankreich an die Ardèche. Ein bedeutender Ort für mich, den ich jedes Jahr gemeinsam mit meiner Freundin zum Kanu fahren und wandern besuche.

Weshalb haben Sie nichts gegessen, wollten Sie abnehmen?

Um eine zusätzliche Grenzerfahrung zu haben und um zu schauen, wozu der Körper in der Lage ist, wenn man mit dem richtigen Mindset und der richtigen Einstellung an eine Sache rangeht.

Nahm Ihre Leistungsfähigkeit ohne Essen nicht ständig ab? Wie wirkte sich das aus?

Ich muss gestehen, dass ich vor der Tour weder einen Tag auf Essen verzichtet habe, noch einen Tag mindestens 8 Stunden auf dem Fahrrad gesessen bin. Es war also alles total neu für mich, wie mein Körper auf diese Extreme reagieren wird. 

Mein Körper ist sehr gut mit diesen Umständen klargekommen, was mich selber etwas gewundert hat. Ich bin am Abend immer körperlich fit am Ziel angekommen. Was ich natürlich gemerkt habe war, dass ich abends sehr erschöpft war und mich ausruhen musste. Da konnte ich gerade noch in mein Tagebuch schreiben. Das habe ich gegen Ende der Tour nicht mehr geschafft, holte es später aber nach.

Was und wieviel haben Sie während Ihres Trips getrunken?

Während der gesamten Tour habe ich nur Wasser getrunken. Ohne Supplements. Mein Ziel war es, drei bis vier Liter pro Tag zu trinken, was mir immer gut gelungen ist. Ich hatte zwei 1,5-Liter-Flaschen und eine 0,75-Liter-Flasche dabei. Um während der Tour kein Geld zu auszugeben, habe ich immer bei Anwohnern gefragt, ob ich meinen Vorrat auffüllen darf. Das hat immer problemlos geklappt. Wenn die Kommunikation einmal nicht funktionierte, die Leute zum Teil nur Französisch sprachen, was ich nicht kann, hat es gereicht, auf die Flasche zu zeigen.

Wieviel haben Sie nach den sieben Tagen abgenommen?

Ich habe mich am Anfang der Tour und am Ende der Tour auf die Waage gestellt. 

Anfangsgewicht: 85,6 Kilogramm

Endgewicht: 77,4 Kilogramm

Differenz: 8,2 Kilogramm

Wo haben Sie jeweils übernachtet?

Ich habe mich mit dem Sommerschlafsack auf eine Wiese gelegt. Bei drei Nächten kam Abends ein Gewitter, da habe ich bei dem nächstgelegenen Haus geklingelt und gefragt, ob ich in dem Gartenhäuschen schlafen kann, um Schutz vor dem Unwetter zu haben.

Im Rückblick: was haben Sie aus diesem Vorhaben gelernt?

Ich habe definitiv gelernt, dass man immer an sich glauben soll. Egal was für eine Idee oder Vorhaben man plant und umsetzen möchte. Nur man selbst weiss, wozu man in der Lage ist. 

Wie schon erwähnt, hatte ich noch keinerlei Erfahrung in Bezug auf Essensverzicht und auf solche Distanzen mit dem Fahrrad. Das hat mir nach der Tour gezeigt, wie viel man erreichen kann und auch wie weit man kommen kann, wenn die mentale Stärke und auch das richtige Mindset vorhanden sinfd. Mental habe ich mich auf die Tour schon Wochen vorher vorbereitet. Mein Mindset stärke ich kontinuierlich, seit ich ca. 20 Jahre alt  bin. Ich dusche nur noch auf kältester Stufe, egal was für ein Wetter draussen ist und ich gehe regelmässig Eisbaden. Meine Freundin leistet ebenfalls einen enorm grossen Anteil für meine persönliche Entwicklung. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. 

Haben Sie schon Pläne für eine nächste Herausforderung?

Feste Pläne für ein weiteres Abenteuer habe ich aktuell noch nicht. Ich möchte die Tour und die vielen Eindrücke erstmal verarbeiten und meinem Körper die nötige Auszeit gönnen. Ein Ziel von mir ist es, dieses Jahr noch nach Polen oder nach Schweden zu fahren, um richtig Eisbaden zu gehen und in diesem Bereich die Grenzen meines Körpers zu testen. 

Nico Halter hat seine Ausbildung  als Kaufmann für Versicherungen und Finanzen 2020 erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss wollte er mit seiner Freundin eine Weltreise machen, durch Corona war das allerdings etwas schwierig. Sie waren dann drei Monate auf Bali. Um erstmal nicht mehr im Vertrieb zu arbeiten, war er im Anschluss bei einer Spedition als Assistent der Disposition tätig. Während dieser Zeit hat er gemerkt, dass er wieder in den Versicherungsbereich zurück möchte. So wurde er Schadensachbearbeiter. In seiner Freizeit ist Nico gerne aktiv. Fährt gerne Fahrrad, macht viel Freeletics und geht gerne Eisbaden. Reisen ist ebenfalls ein grosser Bestandteil in seinem Leben. 

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