Eurovision Song Contest in der Joggeli-Halle in Basel vom 13. – 17. Mai 2025

30. September 2024 | Aktuell Allgemein Interviews
Eurovision Song Contest in Basel. Picture by Thomas Kastl of Sarveshwar Saravana (15 years old).
Eurovision Song Contest in Basel. Bild von Thomas Kastl von Sarveshwar Saravana (15 Jahre alt).

Nachdem Nemo mit dem Lied «The Code» den Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in Malmö gewann, findet der 69. Contest unter dem Motto «United By Music» vom 13. bis 17. Mai 2025 in der St. Jakobshalle in Basel statt. Der von der BBC 2023 kreierte Slogan wurde als permanenter Eurovisions-Slogan ausgewählt. Nach 1956 mit Lys Assia in Lugano und 1988 mit Céline Dion in Lausanne wäre es die dritte Austragung des ESC in der Schweiz. Das erste Halbfinale soll am 13. Mai, das zweite am 15. Mai und das Finale am 17. Mai 2025 stattfinden.

thebroker spricht mit Thomas Kastl, Geschäftsleiter der von den Baslern liebevoll «Joggeli» genannten Halle.

Herzliche Gratulation, Thomas Kastl! Am 30. August erfuhren Sie, dass sich Basel gegen Genf behaupten konnte und den ESC in die Rheinstadt holt. Wie waren Ihre Reaktionen?

Vielen Dank! Es war ein verrückter Tag. Sehr viele Menschen in Basel haben Unglaubliches mit viel Nachtschicht geleistet, um dieses Dossier überhaupt einreichen zu können. Der 30. August, auf den wir in einer fast unerträglichen Art und Weise hingefiebert haben, war ein ganz spezieller Tag, da ich an der kroatischen Küste auf einem Schiff im Urlaub war. Dort hatte ich nur sporadischen Internetzugang. Ich war einige Sekunden verspätet, als ich auf den Countdown wartete und ein Radiosender mich anrief und gratulierte.

Der ESC ist das grösste Event dieser Art in der Welt. Nachdem Basel als Stadt, die Halle und das Haus medial viel Negatives über sich hatte ergehen lassen müssen, können wir nun zeigen, wozu wir, unser Team und ich als Verantwortlicher der Halle in der Lage sind. Ich fühle mich ausserordentlich privilegiert, dabei zu sein und das miterleben zu dürfen, und ich habe eine ordentliche Portion Respekt vor dem, was auf uns zukommen wird.

Mussten Sie nach dem Zuschlag für Basel andere Veranstaltungen verschieben oder absagen, da die Halle während zwei Monaten nicht anderweitig nutzbar ist?

Nein, denn wir hatten das Glück, sehr früh zu erkennen, was möglicherweise auf uns zukommt. Bis auf die Generalversammlung einer Grossbank und einige eintägige Events konnten wir alle Anfragen ausserhalb dieser zwei Monate positiv beantworten. Auch die Polizei-Handballmeisterschaft konnte verschoben werden, da die Polizistinnen und Polizisten wegen des ESC ohnehin keine Zeit haben werden.

Glauben Sie, dass das Referendum der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) bezüglich des Kredits über knapp 35 Millionen Franken für den Eurovision Song Contest 2025 zustande kommt, über das das Basler Stimmvolk am 24. November 2024 abstimmen würde?

Eine schwierige Frage, da ich mich in meinem Job aus der Politik herauszuhalten versuche. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es, wenn es zustande käme, das gerechteste Bewertungskriterium wäre, da die Basler Bevölkerung darüber entscheiden würde, der das Geld schliesslich auch gehört. Im Hinblick auf die Abstimmung über die Roger Federer Arena glaube ich, dass die Unterschriften vielleicht zusammenkommen, aber das Referendum nicht angenommen wird. Wenn man die 60 bis 70 Millionen Wertschöpfung betrachtet, die andere Städte, die den ESC vor uns ausgerichtet haben, erzielen konnten, bin ich der Meinung, dass sich keine Mehrheit gegen die Austragung finden wird.

Nemo (non-binär) gewann den ESC 2024 in Malmö mit «The Code» und holte damit die Austragung 2025 in die Schweiz.
Muss trotzdem damit gerechnet werden, dass der ESC nicht in Basel stattfinden wird und deshalb gewisse Dinge, die bereits heute unternommen werden, aufgeschoben werden müssen?

Nein, das wäre gar nicht möglich, denn neun Monate sind für ein Ereignis dieser Grössenordnung eine sehr kurze Zeit. Für die St. Jakobshalle und das Areal, für das ich verantwortlich bin, geben wir 100 Prozent Gas. Ich glaube auch nicht, dass eine negative Abstimmung den Event verhindern würde.

Welche Anforderungen hat das Schweizer Fernsehen SRF an Sie und die Halle? Diese waren ja Bestandteil der Vergabe.

Die Erwartungen und Vorstellungen sind enorm. Im Detail erfahren wir diese in Kürze und werden dann in einen mehrtägigen Workshop gehen. Man muss sich auch bewusst machen, dass wir erst seit Kurzem wissen, dass der ESC bei uns stattfinden wird. Unser gesamtes Areal, also jeder Quadratzentimeter, steht während fast acht Wochen ausschliesslich für diese Veranstaltung zur Verfügung.

Unser gesamtes Team müssen wir natürlich ausbauen. Zudem feiert die Halle in diesem Jahr die bestgebuchte Eventzeit in der Geschichte der St. Jakobs-Halle ohne ESC, mit ausverkauftem Bryan Adams-Konzert, einem Laura Pausini-Konzert, ausverkauften European Dart-Tour-Events und vielem mehr. Daneben müssen wir uns auch auf unsere bestehende Kundschaft, wie die Swiss Indoors, den CHI oder eine Hochsprung-Weltmeisterschaft von CHI unmittelbar vor dem ESC, konzentrieren.

thebroker ist die Online-News-Plattform zu Themen aus der Versicherungswirtschaft. Deshalb möchten wir gerne wissen, welche Versicherungen für die Veranstaltung abgeschlossen werden müssen.

Im Detail kann ich diese Frage nicht beantworten, dafür kümmern sich die Fachleute des Hallenbesitzers, also der Stadt Basel. In einer ersten Runde wurden die vorhandenen Versicherungen als genügend abgedeckt bezeichnet. Es wird jedoch vertieft geprüft, ob die bestehenden Versicherungen ausreichen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die erste Aussage zutrifft, denn ob bei einem Bryan Adams-Konzert, einer Swiss Indoors oder dem ESC, wenn 9’000 Menschen in der Halle sind, wird die Schadenssumme nicht um ein Vielfaches grösser sein.

Welche Versicherungen schliesst die SRG ab, und welche die Stadt Basel?

Als Nichtversicherungsfachmann kann ich das nicht beantworten und wurde bisher darüber noch nicht informiert. Dies wird auch ein Thema der zu erarbeitenden Einzelthemen sein. Wir befinden uns in einer sehr engen Partnerschaftssituation, die für uns neu ist. Das hat auch viele Vorteile, da zwei große Organisationen und viele Profis aus jedem Bereich sich um die einzelnen Fachthemen kümmern.

Wie sieht es mit dem Sicherheitskonzept aus? Was müssen Sie als Geschäftsleiter der Joggeli-Halle tun, und was wird die Polizei unternehmen?

Wie üblich wird man bei diesen Fragestellungen aus Sicherheitsgründen nicht alles bekanntgeben. Sie können jedoch davon ausgehen, dass es für uns das mit Abstand komplexeste Sicherheitskonzept sein wird, das wir jemals angewendet haben. Viele Verantwortungen liegen bei der Polizei und viele bei uns. Wo genau die Trennschwelle ist, wird in den nächsten Wochen festzustellen sein. Man kann davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Polizei Baselland, Basel-Stadt und uns gut sein wird, da wir bereits Erfahrungen mit Grossanlässen, wie beispielsweise dem Dalai-Lama-Besuch, gesammelt haben. Die Polizeien der beiden Halbkantone sind involviert, da die Halle im Kanton Baselland steht, aber dem Kanton Basel-Stadt gehört.

Wird das Gebiet grossräumig abgesperrt, und was bedeutet das für die Anwohner?

Mir ist kein Anwohner bekannt, der durch die Absperrungen Unannehmlichkeiten erleiden wird, ausser eventuell Dauermieter des Parkhauses, die betroffen sein könnten. Der Sport wird Einschränkungen haben, zum Beispiel das sogenannte Elterntaxi, wenn die Eltern ihr Kind zum Sport fahren. Dies werden wir jedoch frühzeitig und breitflächig kommunizieren.

Gibt es eine Art Stabschef für die Gesamtveranstaltung, und wo liegt die Verantwortungsschnittstelle zwischen der SRG und der Halle, beziehungsweise dem Stadion?

Mit Beat Läuchli, dem Besitzer und Geschäftsführer der Belco Consulting GmbH mit Sitz in Basel, hat die Host City Basel einen erfahrenen Eventmanager als Gesamtprojektleiter für den ESC 2025 gefunden, dessen Wahl ich sehr begrüsse.

Natürlich gibt es ein Organigramm für die verschiedenen Verantwortlichkeiten, wie zum Beispiel die «Main Venue» im St. Jakob-Park und eine in der Messe Basel zu all den betroffenen Themen. Die Gesamtverantwortung liegt beim Gesamtprojektleiter. Wo die Grenzen zwischen SRG und Stadt verlaufen, kann ich momentan nicht beantworten. Das wird sich in den kommenden Tagen und Wochen herausstellen. Ich vermute, dass sie relativ fliessend sein werden.

Ist der Aufwand für den ESC, verglichen mit einer grossen Veranstaltung wie zum Beispiel «Wetten dass…», sehr gross?

Nach dem, was ich heute beurteilen kann, ist der Vergleich sehr gut. «Wetten dass…» war in der Art der Produktion zusammen mit dem «Musikantenstadl» vielleicht das grösste, was bei uns stattgefunden hat. Ich muss jedoch sagen, dass der ESC mit dem Einbau eines Fernsehstudios für zig Millionen Zuschauer eine komplett andere Art von Veranstaltung sein wird als ein Konzert, eine Generalversammlung oder eine grosse Welt- oder Europameisterschaft.

«Wetten dass…» war sehr speziell, da es mit 12 Aufbautagen eine relativ lange Aufbauzeit hatte. Das ZDF brachte alles selbst mit und erstellte sogar alle Bühnenrequisiten vor Ort. Allein für das Studio wurden 60 Überseecontainer angeliefert. Und trotzdem würde ich sagen, dass es sich beim ESC nicht nur um einen Unterschied, sondern um einen riesigen, nicht zu beschreibenden Unterschied handelt. Aus dem Bauch heraus würde ich es mit dem Faktor 1:10 beziffern.

Im letzten Jahr gab es trotz «United By Music» Antisemitismus und Buh-Rufe gegen die israelische Sängerin Eden Golan. Kann man sich überhaupt davor schützen, und wenn ja, wie?

Das ist mir während der Sendung auch aufgefallen. Ich glaube nicht, dass man sich ganz davor schützen kann. Krasse Beispiele, wie die UEFA oder die FIFA versuchen, ihre Sponsoren dahingehend zu schützen, dass keine anderen Logos im Raum sind. Zum Teil ist es sogar verboten, wenn Nike Sponsor ist, ein Adidas-T-Shirt zu tragen. Aber selbst dort gelingt es denjenigen, die es trotzdem zeigen wollen, immer wieder. Ich glaube nicht, dass man bei den Veranstaltungen (zwei Halbfinals und die Finalveranstaltung), die hier stattfinden werden, allen Besuchern Vorgaben machen kann, was sie politisch denken oder wann sie «Buh!» rufen.

Für politische Aussagen auf Bannern oder das Tragen von Palästinensertüchern und Ähnlichem werden die Sicherheitskräfte von der Polizei verantwortlich sein, und es werden Vorkehrungen getroffen werden.

Eden Golan vertrat Israel am ESC 2024 und erreichte den 5. Platz; während ihrer Performance von «Hurricane» wurde sie ausgepfiffen.
Der ESC erfordert einen riesigen technischen Aufwand. Welchen Teil müssen Sie stemmen (Beschallung, Bühne, Tribüne, Licht, Fluchtwege für Interpreten und Publikum etc.)?

Im Detail werden wir das in den nächsten paar Wochen erfahren. Es wird jedoch sicherlich so sein, dass das, was der Konsument am Fernseher zu sehen bekommt – welcher Künstler mit welchem Licht, mit welcher Videowand, Dekoration etc. – ausschliesslich bei der SRG und der European Broadcasting Union (EBU) sein wird.

Im Prinzip kann man sagen, dass wir die Hülle zur Verfügung stellen, für deren Funktionalität (Luft, Strom, Toiletten, Wasser, Sauberkeit oder ein Team, das bei einer möglichen Evakuierung da ist usw.) wir verantwortlich sind. Zur Veranschaulichung: Es gibt 558 Türen im Haus. Die Bühne könnte von uns sein. Bei 98 Prozent aller Veranstaltungen ist sie von uns. Eventuell ist die Bühne aber so speziell, dass sie sich drehen oder absenken muss und wir nur Teile oder gar nichts beisteuern.

Wer ist verantwortlich für das Catering?

Unsere Philosophie ist: Aus der Region für die Region. Dafür haben wir eine rechtsgültige Ausschreibung gemacht, bei der ein für bis heute alle Kunden zufriedenstellendes System gewählt wurde. Wir werden zusammen mit der SRG bestimmen, welcher Caterer für welchen Bereich zuständig ist.

Die Interpreten, Kommentatoren und Journalisten kommen ja in der Regel bereits eine Woche vor den Ausstrahlungen nach Basel. Wann beginnen die Proben?

Ihre Frage kann ich nur dahingehend beantworten, dass der zeitliche Aspekt sicher ein längerer und komplexerer sein wird. Wann die Interpreten kommen, würde ich gerne erst beantworten, wenn ich weiss, ob ich dies aus Sicht des Sicherheitskonzepts überhaupt beantworten kann. Der Probeaufwand, mit und ohne die Interpreten, ist deutlich früher.

Können Sie uns die Preise für das Finale in der Joggeli-Halle und im St. Jakob-Stadion nebenan nennen, das die Veranstaltungen ebenfalls auf Grossleinwänden zeigen wird und somit ein grosses Plus an Zuschauenden ermöglicht?

Momentan können noch keine Tickets gekauft werden. Daher sind die Preise auch noch nicht bekannt. Die ersten Tickets sollen noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Die aktuellen Infos finden Sie hier.

Obwohl gesagt wurde, dass die Joggeli-Halle vielleicht etwas zu klein sei, besteht die Möglichkeit, dass wir dieselbe Publikumszahl haben werden wie zuletzt in Malmö, wo 9’000 Personen Platz hatten. Nach unserem eingereichten Layout passen sogar 9’400 Zuschauer in die Halle. Das hängt aber davon ab, was die SRG alles überbaut.

Wie viele Publikumsveranstaltungen rund um den ESC wird es geben?

Es werden insgesamt neun Veranstaltungen in den Ticketverkauf gehen, darunter drei Veranstaltungen live am TV. Hauptveranstaltungsort für die neun Shows ist die Basler St. Jakobshalle. Im St. Jakob-Park wird zudem am Finaltag eine «Arena Plus» eingerichtet, welche mehr ist als ein Public Viewing. Im Stadion soll eine Festivalatmosphäre herrschen mit Familienangeboten und Konzerten ehemaliger ESC-Stars. Während der Show wird die «Arena Plus» über gegenseitige Liveschaltungen in die Hauptshow interagiert.

Für die Fans und die Bevölkerung ist überdies ein umfassendes Begleitprogramm in der Stadt geplant. Hierzu zählen das Eurovision Village mit Public Viewings und Musikprogramm sowie der EuroClub für Partygäste in den Räumlichkeiten der Messe Basel. Im Weiteren ist in der Steinenvorstadt eine Eurovision Street geplant und auch entlang des Kleinbasler Rheinbords und auf dem Barfüsserplatz gibt es diverse Angebote.

Werden die beiden Halbfinals ebenfalls im Fussballstadion gezeigt?

Nein.

thebroker.ch

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