Absicherung politischer und wirtschaftlicher Risiken

16. Juli 2021 | Aktuell

Geschäfte mit instabilen Ländern führen schwer kalkulierbare politische und wirtschaftliche Risiken mit sich. Neben der staatlichen Exportkreditversicherung bieten Lloyd’s of London sowie international spezialisierte Versicherer Schutz vor solchen Risiken.

Politische Risiken gehören zu den am stärksten wachsenden Gefahren unter den «Emerging Risks». Dazu muss nicht nur nach Afrika, in den Nahen Osten oder nach Asien geblickt werden. Das Brexit-Votum in Grossbritannien, der Putschversuch in der Türkei oder die erst kürzlich erzwungene Flugzeuglandung in Belarus zeigen, dass sich politische Risiken mittlerweile wieder in Europa oder an dessen Grenzen ereignen können. Die globale Wirtschaft kämpft inzwischen gegen die grösste Krise in Friedenszeiten, die Weltproduktion ist laut dem Bericht «Globale Risiken 2021» des World Economic Forums WEF nach erfolgreichen Jahren um 4,4 Prozent geschrumpft. Diese Entwicklung jedoch nur auf Corona zu schieben wäre falsch.

Political Risk Map 2020 AON / Continuum Economics

Gemäss dem weltweit grössten Versicherungsbroker Aon sehen die Expert*innen wachsende Gefahren für Unternehmen in sechs Bereichen: Rechtsextremer Terror, Angriffe mit Drohnen auf den Flugverkehr, Unruhen, Sanktionen, Enteignungen, durch den Krieg direkt verursachte Schäden (beispielsweise absichtlich oder unabsichtliche Zerstörung ziviler Einrichtungen, wie Flughäfen, Strassen, Brücken, Fabriken und Lagerhallen) und Währungsschwankungen. Viele dieser Risiken betreffen dabei heute entwickelte Industriestaaten gleichermassen wie zuvor die stärker betroffenen Entwicklungsländer. Kommt hinzu, dass die in der «ersten Welt» domizilierten Unternehmen in der «dritten Welt» produzieren und den dort entstehenden Risiken entsprechend hoch ausgesetzt sind.

Gleich mehrere Spezialversicherer bieten in unterschiedlichem Umfang Versicherungsschutz für politische Risiken. Exportgeschäfte jedoch, welche private Versicherer nicht oder nur unzureichend abdecken, können bei der Schweizerischen Exportrisikoversicherung SERV, einer öffentlichen Behörde des Bundes, geschützt werden. Die SERV berücksichtigt bei ihren Geschäften die aussenpolitischen Ziele des Bundes in den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Menschenrechte, Demokratie und friedliches Zusammenleben der Völker. 

Wie ein thebroker bekannter Versicherungsbroker zu bedenken gibt, arbeitet die SERV oft auch dort, wo ein Versicherungsmarkt tatsächlich vorhanden ist, obwohl der staatliche Exportversicherer nur dort eine Deckung anbieten sollte, wo es keine Märkte gibt. Damit botet er diese durch die subventionierten Prämien aus und kauft anschliessend den Rückversicherungsschutz auf dem Markt (zum grossen Teil Lloyd’s) ein. Es sei schon vorgekommen, dass er mit seinen Angeboten in Konkurrenz zur SERV stand, was ja eigentlich gar nicht der Fall sein dürfte. Kommt hinzu, dass die SERV nur für schweizerische Produkte greift. Mit der Globalisierung gibt es diese jedoch nicht mehr.

Auf die Absicherung von Gefahren spezialisierte Versicherer und Rückversicherer helfen Entscheidungsträger*innen dabei, geeignete Antworten auf ihre Bedürfnisse zu finden. Die Lösungen lassen sich oft nach dem Baukastenprinzip zusammenstellen, passen sich an Unternehmen, Strategie, Produkt oder Investment an und gelten für eine bestimmte Zeit, welche sich nach der Länge eines Projektes richtet. 

Versicherungsleistungen gegen politische Risiken

Die Versicherung gegen politische Risiken «Political Risk Insurance» bietet einen Versicherungsschutz für nicht vorhersehbare, ausserordentliche Ereignisse wie Krieg, Revolution, Annexion oder bürgerliche Unruhe in ausländischen Staaten mit unsicherer politischer Lage. Daneben greift der Versicherungsschutz aber auch bei innerstaatlichen Massnahmen der Schweiz, beispielsweise Ausfuhrverboten. Die Versicherung deckt kurz- und mittelfristigen Handel sowie Projekte und Investitionen im Ausland ab.

Im Wesentlichen können folgende Gefahren versichert werden: Krieg, Terrorismus oder innere Unruhen, Import- oder Exportembargo, Verstaatlichung, Beschlagnahmung und andere willkürliche staatliche Eingriffe in Besitzrechte, Enteignung von Maschinen oder Anlagen, willkürliche Vertragskündigungen eines staatlichen Käufers, sonstige willkürliche staatliche Eingriffe, Lizenzentzug, Forderungsverlust infolge Nichtzahlung sowie Transferverbote für Beteiligungserträge, Konvertierungs-, Transfer- und Zahlungsverbote und ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Bankgarantien.

Absicherung grosser Projekte

Die Versicherung wird für Projekte angeboten die eine gewisse Grösse haben. Die Versicherer erwarten Minimalprämien von gegen 100 000 Schweizer Franken, die Prämiensätze liegen oft zwischen ein und vier % Prozent der vereinbarten Versicherungssumme. Die Kapazitäten im Markt sind enorm, Deckungssummen von 100 Millionen sind erhältlich. Allerdings ist es weniger eine Frage der Prämie als der Beurteilung des subjektiven Risikos, um Versicherungsschutz zu erhalten Die hoch professionellen  Underwriter in den Versicherungsgesellschaften erwarten höchste Qualifikationen von Ihren Partnern, also den betreuenden Special-Risk-Brokern. Ferner müssen auch die Versicherungsnehmer hochqualifiziert in Ihrem Gebiet sein und über Fachkräfte verfügen, dasselbe wird von den Kunden der Antragsteller erwartet.

Ein zusätzliches Hindernis, um Deckung zu erhalten, liegt in den von Ländern oder Ländergemeinschaften ausgesprochen Sanktionen, die den Versicherern die Abgabe einer Deckung unter Umständen verbieten. Da kann sich die Zahl möglicher Versicherer schon mal auf eine Handvoll verringern, wenn beispielsweise eine Deckung für Syrien beantragt wird. Ein guter Broker kennt die Situationen und die möglichen Partner. Die Konkurrenz spielen zu lassen und verschiedene Angebote einzuholen wird in diesen Fällen zum Bumerang. Die Anfragen landen immer bei denselben Underwritern und die Prämien erhöhen sich mit jeder erneuten Anfrage eines weiteren Brokers. Es kann vorkommen, dass sich der Versicherer plötzlich weigert weiter zu verhandeln, solange der Kunde sich nicht klar für einen Broker entschieden hat. Oder die staatliche Stelle als Besteller hat die Versicherungsverpflichtung rückwirkend an den lokalen Markt angepasst, was zur Folge hatte, dass der Antragsteller plötzlich lokal eindecken konnte. Auch in diesem Beispiel kann von einer Art Protektionismus gesprochen werden.

Ausschliessungen vom Versicherungsschutz

Vom Versicherungsschutz meist ausgeschlossen sind Geschäftsrisiken, Währungsrisiken, Erfolgsrisiken, nicht-diskriminierende Massnahmen, die eine Regierung in der Regel im öffentlichen Interesse vornimmt sowie Transaktionen, die illegal sind, Korruption, falsche Angaben oder Schulden, welche rechtlich nicht durchsetzbar sind. Es kommt jedoch vor, dass die rechtliche Ordnung im Land geändert wird, damit die Schulden nicht mehr bezahlt werden müssen.

Erfahrene Unternehmen sind sich bewusst, dass sie unterschiedlichste Risiken in ihre Exportentscheidungen miteinbeziehen müssen. Eine Abwägung der Chancen und Risiken des Exportgeschäftes ist dabei nötig sowie stetig aktualisierte Informationen über das Risikoland. Risikomanagement und das Sensibilisieren der Mitarbeitenden im Umgang mit den sich ständig verändernden Gefahren sind fundamental.

Binci Heeb


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