Administration: Auch für Broker ein kostspieliges Thema

24. Juli 2020 | Aktuell Interviews
FSD Management- und Unterstützungsteam in Manila, Philippinen ©FSD

Viele kleinere aber auch grössere Unternehmen, wie z.B. Novartis, tun es. Um Kosten zu sparen, lagern sie ihre Verwaltung und Buchhaltung in Billiglohnländer aus. So auch die RMS Risk Management Service AG und bewirkt dabei Gutes.

Die sorgfältige Arbeit, welche viel Personal blockiert, darunter Courtagekontrolle, Informationspflicht gegenüber Versicherern, usw., kann teilweise nicht kostendeckend erfüllt werden. Was also tun? Studenten beschäftigen? Die Arbeiten in ein kostengünstigeres Land auslagern?

«thebroker» hat mit dem Gründer der FSD Manila Support Unit, Hansjörg Eberle, gesprochen.

Herr Eberle, wie kamen Sie auf die Idee, 2006 das Buchhaltungsbüro in Manila, wie es die RMS nennt, zu gründen?

Ich war früher Finanzchef beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK und habe da bereits ein Buchhaltungsbüro in Manila eröffnet, um den IKRK-Hauptsitz von der Kontrolle der Feldbuchhaltungen zu entlasten. Die Lösung hat sich beim IKRK bewährt und somit habe ich denselben Ansatz auch bei der Schweizer Stiftung für Minenräumung FSD umgesetzt. Heute, 15 Jahre danach, unterstützt unser Team in Manila nicht nur alle FSD-Projekte, sondern auch sieben andere Organisationen sowie zwei privatwirtschaftliche Schweizer Unternehmen mit Arbeiten im Bereich Buchhaltung, internem Audit, Personalwesen, PC-Helpdesk, internationalem Einkauf sowie in verschiedenen administrativen Bereichen. 

Wie nennt sich dieses Büro genau?

Wir nennen es «FSD Manila Support Unit». 

Wie viele Mitarbeitende sind dort angestellt?

Unser Büro wird von lokalen Managern geführt und wir stellen nur lokales Personal ein. Momentan sind es zwanzig Bücherexperten, drei IT-Supporter, eine Personalfachfrau und sechs Administratoren.

Welche Voraussetzungen müssen sie mitbringen?

Die Bücherexperten haben einen entsprechenden international gültigen Uni-Abschluss als «Certified Public Accountants (CPA)». Die anderen Experten haben Fachausweise von entsprechenden Hochschulen und Universitäten. Sie steigen in unserem Büro oft direkt nach dem Studium ein und entwickeln sich bei uns meist sehr gut. Die meisten unserer lokalen Mitarbeitenden waren noch nie im Ausland. Wir schicken die jungen Profis oft für Missionen in unsere internationalen FSD-Programme, was für die jungen Leute sehr attraktiv ist. Sie können erste internationale Erfahrung in oft sehr anspruchsvollem Umfeld sammeln. 

Nebst ihrer Muttersprache beherrschen alle fliessend Englisch und lernen bei uns auch Französisch. Mit Hilfe von moderner Sprach-Software bewältigen sie aber auch Dokumente in anderen Sprachen, wie Deutsch, Spanisch und Arabisch. 

Welche Arbeiten werden ausgeführt?

Das Kernstück ihrer Arbeit für unsere eigene Organisation sowie für viele unserer Partnerorganisationen bleiben die Finanzbuchhaltung, Konsolidierungen, analytische Buchhaltung, internes Audit, Personaladministration sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Steuererklärungen, internationale Einkäufe nach EU-Normen und alle Arten von Rapporten und Statistiken sowie aktive Unterstützung bei externen Audits. Darüber hinaus schreiben und errechnen sie beispielsweise für die RMS die regelmässigen Rapporte für Lloyd’s und andere Versicherer und erledigen eine Vielzahl von anderen, verschiedenen administrativen Arbeiten, wie beispielsweise den Rechnungsversand, Rücklaufkontrolle oder Prüfung von periodischen Kunden-Deklarationen.  

Die RMS sagt, dass diese Arbeiten in der Schweiz nicht kostendeckend ausgeführt werden können. Um wieviel günstiger sind sie in Manila?

Die Kosten liegen bei etwa einem Drittel der Schweizer Kosten für qualifiziertes Personal.

Dazu kommt natürlich ein anderer entscheidender Vorteil des Outsourcings: Der FSD Manila Support Unit garantiert die fehlerfreie Leistung rund um die Uhr für unsere eigenen Projekte wie auch für die Leistungen, die unsere Partner bei uns beziehen. Wir kümmern uns um alle Personalprobleme und die Qualitätskontrolle innerhalb des Teams. Unsere Leistungsbezüger sind sich an 100{83b324a4418424e166a39b78b459965424617d60e88d77a4ba9a3067ee7f3854} Verlässlichkeit und Pünktlichkeit gewohnt. Unsere Partner müssen sich nicht um die Personalausbildung, die Qualitätskontrolle oder Personalabwesenheit, Ferien oder Feiertage kümmern. 

Es scheint, dass aus diesem Büro zusammen mit dem IKRK eine humanitäre Geschichte entstanden ist. Wie darf man sich das vorstellen?

Wie erwähnt, ich kenne die Philippinen seit 40 Jahren. Als Finanzchef beim IKRK hatten wir das Problem, dass die internen Auditkosten im Genfer Hauptsitz zu hoch waren, und es herrschte damals ein Personalstopp. Das wurde von den Geldgebern hinterfragt. Nach einem Auswahlverfahren kamen wir zum Schluss, dass die Philippinen die besten Rahmenbedingungen für ein Service Center im Bereich Buchhaltung und Administration bieten. Viele Filipinos sind sehr gut ausgebildet im internationalen Vergleich, sprechen und schreiben Englisch und haben eine hervorragende Arbeitsmoral. Sie sind loyal, haben ein absolutes Qualitätsbewusstsein auch in den kleinsten Details und arbeiten hart wie wir uns das gewohnt sind in der Schweiz. 

Gehört das Buchhaltungsbüro zum IKRK oder zur FSD, der Schweizerischen Stiftung für Minenräumung, dem Sie als Direktor vorstehen?

Unser Buchhaltungsbüro ist komplett unabhängig vom IKRK. Das IKRK hat seine eigenes Service Center mit Hunderten von Mitarbeitern in Manila. Wir haben uns aber bei dem Aufbau des FSD Manila Support Unit auf die IKRK-Erfahrung abgestützt.

Drei Filipinos arbeiten für die RMS. Nach einem Jahr verlassen sie das Buchhaltungsbüro und machen in aller Regel Karriere. Ist in Ihrem Büro der Karrieresprung garantiert?

Wie erwähnt, Filipinos sind von der Mentalität her sehr loyal. So entwickeln sie auch ihre Karriere. Die meisten arbeiten und entwickeln sich bei uns während vier bis fünf Jahren, bevor sie dann – ganz legitim und natürlich – ihre Karriere bei anderen Arbeitgebern weiterführen. 

Wir versuchen natürlich, die Fluktuation so niedrig wie möglich zu halten, indem wir unserem Personal gute Arbeitsbedingungen bieten und auch als sozialer Arbeitgeber bekannt und geschätzt sein wollen. So helfen wir jungen Frauen über die Baby-Pausen, offerieren gute Ausbildungskurse und sind im Umgang mit ihnen total transparent und respektvoll. Das tönt vielleicht banal, ist aber nicht unbedingt selbstverständlich in den Philippinen. 

Wenn uns ein Mitarbeitender verlässt, treffen wir alle Vorkehrungen, dass der Leistungsempfänger keinen negativen Konsequenzen ausgesetzt ist. Das Einzige, was sich nach aussen ändert, ist der Name des Mitarbeitenden. Jeder Prozess wird von mindestens zwei Mitarbeitenden beherrscht, damit die Arbeit im Notfalle sofort und ohne Einarbeitungszeit weitergeführt werden kann. Die meisten unserer Angestellten wechseln ihren Aufgabenbereich alle ein bis zwei Jahre. Das garantiert ihnen Abwechslung in ihrer Arbeit und uns kompromisslose Qualität, was auch immer geschieht. 

Wie viele Angestellte arbeiten insgesamt im Büro?

Etwa 30, davon sind zwei bis drei in Projekt-Einsätzen in verschiedenen Ländern.

Sie scheinen Ihr ganzes Leben der Hilfe von Unterprivilegierten zu widmen. Sind Sie ein glücklicher Mensch?

Ja, das bin ich. Im Alter von 25 Jahren habe ich die humanitäre Welt entdeckt und bin ihr bis heute treu geblieben. Das heisst aber nicht, dass ich sie nur durch die humanitäre Brille wahrnehme: Heute müssen humanitäre oder gemeinnützige Organisationen so straff wie alle anderen Unternehmen geführt werden. Es gibt aber auch Unterschiede: Anstelle von Kunden haben humanitäre Organisationen Begünstigte, und die Rechnungen werden in der Regel nicht vom Kunden bezahlt, sondern von Geldgebern. Was am Ende aber zählt, ist eine qualitativ gute Leistung zu einem vernünftigen Preis.

Hansjörg Eberle arbeitete sechs Jahre lang für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz IKRK in kriegsgebeutelten Ländern, bevor er sich für sieben Jahre dem Hauptquartier des IKRK anschloss. Seine letzte Stelle war der die des Leiters der Finanzen, Administration und Informatik. Er ist Mitbegründer der ursprünglichen Schweizerischen Föderation für Minenräumung FSD, die im Jahr 1997 gegründet wurde, und diente als Vize-Präsident der FSD, bevor er im Jahr 2001 als Direktor gewählt wurde. Er gründete 2006 das FSD Manila Support Unit in Manila. Er ist ebenfalls Direktor der FSD-Niederlassung Crosstech SA sowie Gründer und Präsident der Schwesterorganisation Association FSD France.


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