Aktuelle Kennzahlen zur Arbeitssituation in der Schweiz

16. August 2021 | Aktuell

Wie so vieles andere auch, war der Schweizer Arbeitsmarkt im Jahr 2020 geprägt von der COVID-19-Pandemie. Die Anzahl der Erwerbslosen stieg erwartungsgemäss zwischen dem 4. Quartal 2019 und den letzten drei Monaten 2020 deutlich an. Stark zugenommen hatte auch die Anzahl Personen in Kurzarbeit. Trotzdem gab es einen Anstieg der Erwerbstätigen über die letzten fünf Jahre, allerdings lag die Covid-Pandemie zunächst noch in weiter Ferne.

Das Bundesamt für Statistik hat nun die Arbeitsmarktindikatoren für das Jahr 2021 veröffentlich. Danach haben die Erwerbs- und Arbeitslosenquote 2020 im Fünfjahresvergleich zugenommen. Die Pandemie führte im vergangenen Jahr zu einem historischen Einbruch des Wirtschaftswachstums. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) ging im 2. Quartal um 7,2 Prozent zurück. Die Wirtschaft erholte sich im 3. Quartal (+7,3 Prozent), um sich im 4. Quartal wieder leicht abzuschwächen (-0,2 Prozent). Die Pandemie führte zur tiefsten Rezession seit Jahrzehnten und das BIP ging stärker zurück als während der Finanzkrise 2009 und Erdölkrise der 1970er Jahre.

Bis anhin unvorstellbarer Anstieg der Kurzarbeit

Durch die COVID-19-Krise nahm die Anzahl der Kurzarbeitenden stark zu. Waren im Februar 2020 noch rund 5’000 Personen betroffen, erhöhte sich ihre Zahl im März bereits auf 970 000 und stieg im April gar auf 1,3 Millionen Personen. Das entspricht rund 26 Prozent der Erwerbstätigen. Bis im Oktober ging die Zahl vorübergehend auf 250 000 zurück, stieg aber unter anderem auch durch erneute behördliche Veränderungen der Parameter bis zum Dezember wieder auf 400 000 an. Im Vergleich: Während der Finanz- und Wirtschaftskrise von Mai 2009 waren 92 000 Arbeitnehmende in Kurzarbeit – eine damals noch unvorstellbar hohe Zahl.

Allmähliche Abnahme der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern 

2018 lag der monatliche Bruttomedianlohn der Frauen in der Gesamtwirtschaft bei 6067 Franken, derjenige der Männer bei 6857 Franken. Der Lohnunterschied ist seit 2014 von 12,5 Prozent auf 12,0 Prozent im Jahr 2016 und auf 11,5 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Im privaten Sektor verdienten Frauen im Jahr 2018 insgesamt 14,4 Prozent, im öffentlichen Bereich 11,4 Prozent weniger als Männer. (Lesen Sie hierzu auch: Grosse Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern: Bei Versicherungen sind sie am grössten).

Allgemeiner Rückgang der Beschäftigung 

Im ersten Quartal 2021 reduzierte sich die Anzahl der Beschäftigten gegenüber dem Vorjahresquartal um 31 000, was einem Rückgang von 0,6 Prozent entspricht. Grund dafür waren die COVID-19-Pandemie und die dadurch notwendigen flankierenden Massnahmen der zuständigen Exekutiven. Den stärksten Rückgang verzeichnete das Gastgewerbe (–13,9 Prozent) sowie die Schiff- und Luftfahrt (–11,2 Prozent). Die Beschäftigung unter anderem im Gesundheits- und Sozialwesen (+2,9 Prozent) und in der Informationstechnologie (+2,2 Prozent) nahmen hingegen zu. Die Gründe dafür liegen allerdings auf der Hand.

Zunahme der Arbeitslosenquote 

Im ersten Quartal 2021 waren in der Schweiz 165 000 Personen bei einem regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV als Arbeitslose registriert, rund 40 000 mehr als ein Jahr zuvor. Dadurch stieg auch die Arbeitslosenquote gemäss SECO von 2,7 Prozent in den ersten drei Monaten 2020 auf 3,6 Prozent im gleichen Quartal 2021, was eine Zunahme von 0,9 Prozentpunkten bedeutet. 

Weiterhin hohe Beanspruchung der Kurzarbeit 

Die Verlängerung bestehender sowie die Einführung neuer Massnahmen über den vergangenen Winter führte im Januar 2021 zu einem erneuten Anstieg der Anzahl Personen in Kurzarbeit auf 486 000. Das entspricht rund 9 Prozent aller Beschäftigten. Im Dezember 2020 waren es noch 374 000 Personen. Die Beanspruchung von Kurzarbeitsentschädigung blieb im ersten Quartal hoch und dürfte sich gemäss den provisorischen Zahlen ab März 2021 im Zuge der schrittweisen Lockerung der Massnahmen sukzessiv verringern. Im 1. Quartal 2021 waren aber deutlich weniger Personen von Kurzarbeit betroffen als während dem Vorjahreshoch im April 2020 (1,4 Millionen Personen, 26 Prozent der Beschäftigten).

Die neuesten Zahlen des SECO: Arbeitslosigkeit im Juli 2021

Ende Juli 2021 waren 128 279 Arbeitslose bei den Regionalen Vermittlungszentren RAV eingeschrieben, 3542 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank von 3,1 Prozent im Mai auf gegenwärtig 2,8 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 20 591 Personen (-13,8 Prozent).

Ausblick

Nachdem der Bundesrat am 11. August nun die Corona-Massnahmen äusserst vorsichtig und in homöopathischen Dosen weiter gelockert hat, könnte es zu einer leichten Erholung der Binnenwirtschaft kommen. Es wird mit einem Anstieg des privaten Konsums und mit einer voraussichtlichen Steigerung der Nachfragen für die Exportwirtschaft gerechnet. Fachleute schätzen, dass sich die Arbeitslosenquote bei 3,3 Prozent einpendeln und erst im Jahr 2022 auf einen Jahresdurchschnitt von 3,0 Prozent zurückgehen wird. Doch solche Prognosen stehen – wie es die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat – auf wackeligen Beinen. Wie sagte schon Sokrates: «Ich weiss, dass ich nichts weiss», Alain Berset mag da die einzige Ausnahme sein. 

Binci Heeb


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