BrokerStar: Ein IT-Stern am Brokersoftwarehimmel

5. Oktober 2020 | Firmenporträts Interviews
Guido Markowitsch, VR-Präsident WMC IT Solutions AG

Die Firma WMC IT Solutions AG ist mit zehn Mitarbeitenden in Reinach im Kanton Baselland zu Hause. Das Gesamtunternehmen ist bald 90 Jahre alt. Ursprünglich eine Verpackungsfirma, hat Guido Markowitsch 1981 das heutige IT-Unternehmen gegründet. thebroker war bei ihm zu Gast. 

Herr Markowitsch, was war der Grund für die Lancierung von BrokerStar? 

BrokerStar wurde 2009 lanciert. Davor gab es bereits eine Vorgängerapplikation, die nicht von uns entwickelt wurde, mit welcher wir jedoch einen grösseren Broker betreut haben. Wir stellten fest, dass das Grundgerüst dieser Applikation für digitale Prozesse nicht mehr verwendet werden konnte. Auf der sogenannten «grünen Wiese» entwarfen wir BrokerStar. Nach einem anfänglich verhaltenen Start stieg die Anzahl Kunden über die Jahre stetig an. 

Waren Sie diesmal der Entwickler dieser Software?

Das ist richtig.

Sind Sie ursprünglich Broker, Softwareentwickler oder gar beides?

Ich bin Betriebsökonom von Beruf. Unsere Firma  verfügte bereits über eine 25-jährige Erfahrung bei zwei Schwerpunkten Zum Einen die sogenannte Applikationsintegration, das heisst, dass Programme miteinander verbunden werden konnten – auch über Unternehmensgrenzen hinweg -, von denen man vorerst dachte, es sei nicht möglich. Zum Anderen war es das Identity Management, die Frage «Wer bist Du, was darfst Du?». 

Diese Kernkompetenzen bildeten die Basis für BrokerStar. Das eigentliche Versicherungs-Knowhow kam nach und nach hinzu. Uns war von Anfang an klar, dass ein perfektes Programm für Kleinunternehmen sehr homogen sein musste, denn wenn unterschiedliche Betriebssysteme miteinander verbunden werden, ist das sehr aufwändig. So packten wir alles in eine Plattform und versuchten das Ganze zu vereinfachen. 

Wie viele Broker verwenden Ihre Software «BrokerStar» in der Schweiz?

Mittlerweile sind das 120 Firmen.

Eine enorme Zahl. Welche Vorteile bietet Ihre Software gegenüber anderen Anbietern?

Grundsätzlich äussere ich mich nicht zu Mitbewerbern noch kommentiere ich sie. Unsere Stärken liegen auf jeden Fall darin, dass wir eine Differenzierungsstrategie betreiben. Das bedeutet, dass wir grundsätzlich einen völlig eigenen Weg gehen wollen, wie die andern. Wir arbeiten zum Beispiel mit Webtechnologien auf einer Open-Source-Basis, verwenden Microsoft nicht. Die Applikation läuft über eine Cloud. Es handelt sich dabei allerdings um eine private, geschlossene Cloud, ohne externen Zugang von Aussen.

Wir unterscheiden uns ferner darin, dass die traditionellen IT-Programme vor allem der Verwaltung dienten, Adressen, Policen, Schäden verarbeiteten. Wir hingegen haben eine Prozessplattform, worüber Geschäftsprozesse möglichst nahtlos und medienbruchfrei abgebildet werden. 

Medienbruchfrei?

Medienbruchfrei heisst, dass keine Informationen zwei Mal erfasst werden. Dies ist ein sehr grosser Vorteil gegenüber Mitbewerbern und ich meine, dass unser Wachstum entscheidend über diese Qualifikation entstanden ist. Wir sind Early Adopter für die Digitalisierung in dieser Branche. 

Bezahlt man einmal oder jährlich?

Wir verkaufen wir unser Programm nicht, sondern der Kunde zahlt einen jährlich fixen Betrag für Wartung, Support und Weiterentwicklung. Damit erhält der Kunde immer die neueste Version, manchmal sogar ein völlig neues Programm. Damit hat er fix kalkulierbare Kosten.

Ihr Open Source-Lizenzmodell bietet gleichbleibend tiefe jährliche Kosten ohne Anfangsinvestitionen. Von welchen Beträgen muss ein Kunde ausgehen? 

Es ist von der Anzahl User abhängig. Wir sprechen momentan von jährlichen Kosten um circa 1000 Franken pro User.

Wie sieht es mit den IGB2B-Standards aus?

Da gibt es kaum jemanden, der unseren Umsetzungsgrad aufweisen kann. Wir haben alle Kernprozesse umgesetzt, gehörten bei den meisten zu den Ersten. Wir sind der Softwarehersteller, der die grösste Anzahl der Broker auf dem neuen Ecohub hat. Dazu verpflichteten wir uns dazu, alle Prozesse jeweils begleitend zu unterstützen, genauso, wie wir uns auch verpflichtet haben, alle rechtlichen Vorgaben zu erfüllen. Neben IGB2B gibt es mittlerweile noch andere Marktteilnehmer, welche wir ebenfalls stark unterstützen.

Was kann BrokerStar in kurzen Worten?

Sie müssten vielleicht eher fragen, was die Applikation nicht kann (lacht). Die Basis bildet ein sehr breites CRM (Customer-Relationship-Management). Es werden Kundenadressen verwaltet, es gibt ein Leadmanagement (Empfehlungen werden verwaltet, getrackt, bewertet), das Dokumentenmanagement ist integriert, daneben die Zeiterfassung für Arbeit, Aufträge und Präsenzzeiten der Mitarbeiter.  

Im Auftragsteil können Rechnungen erstellt werden, die erfassten Zeiten und werden direkt fakturiert, auch Artikel. Ferner existieren Statistiken, welche Kosten gegenüber den Einnahmen abbilden. Dieser Auftragsteil geht sogar bis ins E-Banking. QR-Rechnungen können automatisch verschickt und eingelesen werden. Eine offene Posten-Buchhaltung mit integrierten Mahnwesen gehört ebenfalls dazu.

Im Versicherungsteil befinden sich die Policen, in welchen sämtliche Policendetails im System hinterlegt werden können. Es finden sich Prämienrechnungen, wo Courtagen und Zahlungseingänge kontrolliert werden. Vermittlerabrechnungen können erstellt werden.

Der letzte Teil widmet sich dem Schadenhandling, bei dem zum Beispiel der Broker selbst die Schadenabwicklung und Auszahlung vornehmen kann. Auch das kann BrokerStar. Mit einem Zusatzmodul, welches vor allem Lloyd’s Coverholder verwenden, können in der Applikation zudem Policen, Prämienrechnungen und Massenfakturierungen erstellt werden. 

Schliesslich gibt es noch einige Zusatzmodule, zum Beispiel ein Portal, wo der Broker mit seinen Kunden direkt interagieren kann. Oder die Synchronisation mit Outlook und schlussendlich gibt es noch ein sogenanntes Managementinformationssystem, welches für die Zukunft sehr wichtig ist. Hier können aus dem System heraus betriebswirtschaftliche Auswertungen getätigt werden. Wir verwenden dafür bereits heute künstliche Intelligenz.

Nachfragen von thebroker  in der Branche ergaben, dass Sie sehr rasch auf Kundenanliegen reagieren und sie sehr direkt umsetzen. Der Kunde ist König?

(Schmunzelt) Grundsätzlich versuchen wir, allen Kundenwünschen gerecht zu werden. Das ist zumindest unser Ziel, aber nicht immer möglich. Es gibt schliesslich technologische Einschränkungen. Das Schlimmste ist, wenn Standards definiert sind, aber sich die verschiedenen Stakeholders nicht daran halten. Mit schlechten Ausgangsdaten können wir keine guten liefern. 

Grundsätzlich stellen sich bei Kundenwünschen zwei Fragen. Die Erste: Können wir den Wunsch kostenmässig umsetzen? Die Zweite: BrokerStar ist ein Standardprogramm. Wenn wir nun für jeden einzelnen Kunden individuelle Funktionen einbauen, sind diese bei allen Kunden im Programm, mit der Bedingung , dass sie bei den anderen Teilnehmern ausgeschaltet werden müssen. Hier dürfen gegensätzliche Interessen nicht verletzt werden. In der Regel haben wir uns für einen Weg zu entscheiden. Dort halten wir uns in der Regel an das Gebräuchliche.

Einzig die Langsamkeit des Systems, etwa wenn Sie gleichzeitig an Weiterentwicklungen arbeiten, wurde hie und da moniert. Geloben Sie Besserung?

(Lacht) Langsam ist ein sehr subjektiver Begriff. Die Geschwindigkeit des Systems hängt von verschiedenen Faktoren ab. Am einfachsten ist es den Fehler bei den anderen zu suchen. Meist ist eine zu langsame Internetanbindung der Grund, oder dass das Netzwerk beim Kunden ist zu wenig performant ist. 

Daneben wurde in der Architektur der Software, welche im Gegensatz zur Software, die mehr als drei Jahre alt ist  und damit schon etwas Zeit auf dem Buckel hat, ursprünglich einiges bestimmt, das nicht mehr ganz den heutigen Anforderungen entspricht. Dort sind wir ständig am Nachbessern und werden diese Arbeit das auch in Zukunft fortsetzen.

Ihr ehemaliger CEO, Meinrad von Reding, war gerade einmal ein Jahr im Amt. Weshalb hat er sich entschieden der WMC nur noch beratend zur Seite zur stehen?

Eine unserer grossen Kernkompetenzen liegt in der Digitalisierung. Über die IGB2B kommen zu wenig Informationen. Ein Beispiel: Wenn ein Broker eine Police erhält, kann er nur die Kopfdaten übernehmen. Möchte er nun sämtliche Daten der Police in sein System übernehmen, müssen diese von Hand eingegeben werden. Hier besteht auf Seiten der Broker ein grosser Handlungsbedarf. Das zwingt uns, nach Alternativen zu suchen, wie wir an diese Daten gelangen. Dies war eine der Hauptaufgaben von Meinrad von Reding.

Solche Vorhaben sind sehr kostspielig und sie erhalten nur eine Akzeptanz am Markt, wenn bereits ein Grundvertrauen da ist. Die Idee ist nun die, dass wir der ganzen Community, also allen Brokersoftwareherstellern, die Technologien zugänglich machen möchten. Meinrad von Reding von WMC hätte es somit mit einem Interessenkonflikt zu tun. Aus diesem Grund entschied er, eine neutrale Position einzunehmen. Das war ganz in unserem Sinn. Dass wir dabei den CEO verloren haben, ist das kleinere Übel.

Sind Sie nun auf der Suche nach einem neuen CEO?

Wir sind im Moment daran uns neu aufzustellen, wollen vor allem die Entwicklung methodisch anders organisieren. In erster Linie sollen alle Mitarbeitenden einen Teil der Verantwortung übernehmen. Mehr Mitspracherecht für die einzelnen Mitarbeitenden heisst auch mehr Verantwortung. Nachdem diese Umstrukturierung vermutlich Anfang nächstes Jahr umgesetzt sein wird, denken wir erneut über eine allfällige Wahl eines neuen CEOs nach. 

Wie sieht es mit der Nachfolgeregelung aus?

Diese ist im Moment in vollem Gange, nur kann ich dazu noch nichts kommunizieren. Das Wichtigste ist, dass unsere Kunden wissen: Bei uns wird es eine langfristige Nachfolgelösung geben. 


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