«Der Staat kann es garantiert nicht besser als die Privaten»

2. Juli 2021 | Aktuell
Die neu gewählten Vorstandsmitglieder Michèle Rodoni (CEO Mobiliar), Martin Jara (CEO Helvetia) und Reto Dahinden (CEO Swica) zusammen mit dem neuen Vizepräsidenten Juan Beer (CEO Zurich Schweiz), dem SVV-Präsidenten Rolf Dörig und dem SVV-Direktor Thomas Helbling am «Tag der Versicherer» 2021 in Lugano. ©SVV

Medienmitteilung des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV vom 2. Juli 2021

Am «Tag der Versicherer 2021» vom 2. Juli in Lugano hat der Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV, Rolf Dörig, unter anderem die wichtige Rolle der Branche während der Coronapandemie hervorgehoben. Im Vorfeld fand die 91. Generalversammlung statt, an der die Delegierten drei neue Mitglieder in den Vorstand wählten: Michèle Rodoni (CEO Mobiliar), Martin Jara (CEO Helvetia Schweiz) und Reto Dahinden (CEO Swica). Neuer Vizepräsident ist Juan Beer (CEO Zurich Schweiz).

Vor einem Jahr musste die Schweizer Versicherungswirtschaft ihren traditionellen Branchenanlass, damals in Lausanne angesetzt, pandemiebedingt absagen. Für den diesjährigen «Tag der Versicherer» entschied sich die Verbandsspitze für Lugano – und Rolf Dörig machte in seiner Rede keinen Hehl daraus, dass die Sehnsucht nach einer Zusammenkunft gross gewesen ist. «Lugano – finalmente siamo arrivati», rief er im Kultur- und Kongresszentrum LAC den über 200 geladenen Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung zu. Zwar sei die Coronapandemie noch nicht vorbei – und doch sei die Schweiz in Aufbruchstimmung. Mit ihrer Flexibilität und ihrer Innovationskraft müsse die Wirtschaft «der Motor des Aufschwungs» sein. «Hierzu braucht sie jedoch freiheitliche Rahmenbedingungen und eine massvolle Regulierung», betonte der Präsident des SVV und blickte erwartungsvoll zu Marlene Amstad, dem Ehrengast. Die Wirtschaftsprofessorin, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma seit 1. Januar 2021 als Verwaltungsratspräsidentin vorsteht, referierte am Branchenanlass der Privatversicherer zur Stabilität des Schweizer Finanzplatzes und wagte neben einem Rückblick auf die vergangenen Monate der Coronakrise einen Blick nach vorne: «Die Schweiz hat alles, was es braucht für einen stabilen, sauberen, innovativen und damit nachhaltig wettbewerbsfähigen Finanzplatz. Darauf abgestützt können sich die Branche und die Finma den künftigen Herausforderungen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung widmen. Dies gilt insbesondere für Chancen und Risiken im Umgang mit Daten und neuen Technologien.» Zusammen mit Andreas Brandstetter, dem Präsidenten von Insurance Europe, dem Europäischen Dachverband der Privatversicherer, sowie Benjamin Gentsch, Verwaltungsrat der Finma, diskutierte Marlene Amstad in einem Panelgespräch auch zur Frage, ob sich im Verhältnis zwischen der Aufsicht und der Versicherungswirtschaft pandemiebedingt etwas geändert habe.

Mit Toprisiken wie Cybercrime umzugehen lernen

Rolf Dörig erinnerte in Lugano daran, wie die Pandemie alle bisherigen Topthemen des Sorgenbarometers quasi über Nacht verdrängt hat. Die Coronakrise führte der Gesellschaft ebenso deutlich vor Augen, dass die grössten Risiken von der Privatwirtschaft allein nicht versichert werden können. Nur eine Public Private Partnership kann bei der Versicherung einer Pandemie Abhilfe schaffen. Leider habe der Bundesrat Ende März 2021 einem partnerschaftlichen Versicherungskonzept, das der SVV mit der Verwaltung erarbeitet habe, den Stecker gezogen, sagte Dörig. Wichtiger, als einer Pandemieversicherung nachzutrauern, sei es nun allerdings, partnerschaftliche Denkansätze auch auf andere Toprisiken zu übertragen. «Cybercrime, Strommangellage und Seuchen werden uns künftig begleiten. Wir müssen daher lernen, damit umzugehen. Diese Vorsorge hat ihren Preis. Sei es in Form von Prämien oder sonstigen Vorkehrungen zum Schutz von Gesellschaft und Wirtschaft.»

Den kommenden Generationen keinen Schuldenberg hinterlassen

Mit Blick auf die Altersvorsorge wies der Präsident der Schweizer Privatversicherer auf die dringende und zwingende Reform der zweiten Säule (BVG) hin: «Wir dürfen den kommenden Generationen keine Schuldenberge hinterlassen. Sie erwarten Leistungsversprechen, die finanziert sind und finanzierbar bleiben.» Im Weiteren hielt er fest, dass der vom Bundesrat vorgeschlagene Rentenzuschlag mit der Giesskanne vom SVV dezidiert abgelehnt werde. «Unser Ziel ist eine mehrheitsfähige Lösung, die sich an der erfolgreichen Funktionsweise der zweiten Säule orientiert.» Die Wichtigkeit einer nachhaltigen Lösung für die Altersvorsorge ist auch im Nachhaltigkeitsreport der Schweizer Versicherungswirtschaft skizziert, der vor Kurzem zum zweiten Mal publiziert worden ist.

611 Millionen Franken jährlich an die Wertschöpfung im Tessin

Rolf Dörig schärfte in seiner Präsidialrede auch den Blick aufs «grosse Ganze». Dazu gehöre etwas, das für alle im persönlichen Leben von besonderem Wert sei: Sicherheit. «Als Versicherungsbranche leisten wir einen wichtigen Beitrag an die Sicherheit und die Solidität einer Volkswirtschaft. Wir Versicherer übernehmen private und unternehmerische Risiken und helfen dadurch Menschen und Unternehmen, dass sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Sprich, der Versicherungsschutz entlastet und schafft gleichzeitig unternehmerische Freiräume.» Die Finanzbranche, insbesondere die Versicherungswirtschaft, sei ein wichtiger Pfeiler des Wirtschaftsstandortes Schweiz. «Wir stehen für Sicherheit, Zuverlässigkeit und Vertrauen. Und deshalb tragen wir nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine gesellschaftliche und politische Verantwortung für unser Land. Wir sind als Branche bereit, diese volkswirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen», ergänzte Dörig. In diesem Zusammenhang erinnerte er an die vor wenigen Tagen von BAK Economics im Auftrag des SVV erstellte Studie zur wirtschaftlichen Bedeutung der Versicherungswirtschaft im Tessin. Diese kommt zum Schluss, dass die jährliche Wertschöpfung der Privatversicherer in der Südschweiz 611 Millionen Franken beträgt – und mehr als 1200 Tessinerinnen und Tessiner (Vollzeitäquivalente) in der Versicherungswirtschaft beschäftigt sind.

Teil dieser volkswirtschaftlichen Verantwortung, die der Schweizerische Versicherungsverband zu tragen gewillt sei, sei auch die öffentlich kundgetane Sorge, wie der Staat seinen Aufgabenkatalog ständig erweitere und sich dabei nicht scheue, in den freien Markt zu expandieren. «Der Staat sollte sich stattdessen vielmehr auf sein Kerngeschäft konzentrieren und damit die Privatwirtschaft zugunsten des Wohlstands und der Wohlfahrt von uns allen stärken. Ob als Bank, Elektroinstallateur oder Unfallversicherer: Der Staat kann es garantiert nicht besser als die Privaten», hielt Dörig fest.

Juan Beer ist neuer Vizepräsident

In den «Tag der Versicherer» eingebunden ist seit einigen Jahren auch die Generalversammlung des Branchenverbandes. Anlässlich der 91. Ausgabe wählten die Delegierten drei neue Vorstandsmitglieder: Michèle Rodoni, seit 1. Januar 2021 CEO der Mobiliar, ersetzt ihren Vorgänger Markus Hongler, der als langjähriger Vizepräsident aus dem Vorstand des SVV ausgeschieden ist. Martin Jara, CEO der Helvetia Schweiz, folgt auf den CEO der Helvetia Gruppe, Philipp Gmür. Weiter ins strategische Verbandsgremium zugewählt wurde Reto Dahinden, CEO des Kranken- und Unfallversicherers Swica. Für eine weitere Amtsperiode bestätigt wurden Michael Müller, CEO Basler Schweiz, Juan Beer, CEO Zurich Schweiz, Severin Moser, CEO Allianz Suisse, und Patrick Raaflaub, Chief Risk Officer der Swiss Re Gruppe. Zu einer Mutation kam es auch im dreiköpfigen Präsidium. Als Nachfolger von Markus Hongler wurde Juan Beer vom Vorstand als neuer Vizepräsident des Versicherungsverbandes gewählt.


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