Engpässe bei Grippeimpfungen

29. Oktober 2020 | Aktuell
Foto: Katja Fuhlert auf Pixabay

Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz empfehlen, sich wegen der Corona-Pandemie gegen die Grippe impfen zu lassen. Die Grundversicherung der Krankenkasse übernimmt jedoch die Kosten nur in den Praxen für Risikogruppen, nicht aber in Apotheken. Die Impfdosen sind bereits jetzt knapp, weil viel mehr Personen sich impfen lassen wollen als in vergangenen Jahren. Im Kanton Tessin sind die Impfdosen bereits auf Ende November vergriffen.

Schweizweit haben zahlreiche Hausarztpraxen ihre bestellten Impfdosen noch gar nicht erhalten, anderen Praxen sind die Dosen bereits ausgegangen. Das Bundesamt für Gesundheit BAG bestätigt Lieferverzögerungen bei Grippe-Impfstoffen. Es gehe um 1.25 Millionen Dosen, welche möglicherweise erst im Dezember an Arztpraxen und Apotheken ausgegeben werden können, sagte die Leiterin der Sektion Infektionskontrolle im BAG an der Medienkonferenz von Experten des Bundes vom 27. Oktober 2020. Die nun zusätzlich benötigte halbe Millionen Impfdosen wird die Schweiz mit Sicherheit erst im Dezember 2020 erreichen, so auch Tom Glanzmann, Leiter Kommunikation bei pharmaSuisse.

Corona macht eine Grippeimpfung in diesem Jahr deutlich wichtiger 

An ihrer Medienkonferenz am 28. Oktober verkündeten die Vertreter der Landesregierung deutliche Forderungen, verloren aber kein Wort zum Schutz gegen Influenza. Denn das BAG hat bereits Mitte September seine nationale Grippe-Impf-Kampagne lanciert. Darin enthalten ist ein Grippeimpf-Check, welcher festhält, wem eine Impfung empfohlen wird. Der kommende Winter ist aufgrund der Covid-19-Pandemie eine besondere Herausforderung für unser Gesundheitssystem. Die Grippeimpfung bietet zwar keinen direkten Schutz vor Covid-19. Sie vermindert jedoch das Risiko einer Falschdiagnose bei einer Grippeerkrankung und verhindert im Falle einer Corona-Ansteckung die Zusatzbelastung von Ärzteschaft und Spitälern.

Selbst die «normale» Grippe alleine wird nach wie vor viel zu oft verharmlost. Alleine in der Schweiz sterben in einer schweren Grippesaison etwa 2500 Personen am Influenza-Virus.

Es bleibt selbstverständlich im Ermessen aller, ob es Sinn ergibt, von diesem Schutz Gebrauch zu machen. Dringend empfohlen wird die Impfung aber Menschen ab 65, schwangeren Frauen, chronisch Kranken, Säuglingen und frühgeborenen Kindern bis zwei Jahre. Die Grippe kann bei einem schweren Verlauf zu einer bakteriellen Lungen- oder Herzmuskelentzündung führen. Damit stellt sie eine reelle Gefahr für Risikopatienten dar. Die Impfungen beginnen jeweils ab Mitte Oktober und dauern bis zum Beginn der jährlichen Grippewelle. Mit einer Influenza-Impfung und parallel den von Corona bekannten Hygienemassnahmen (Abstand halten, regelmässiges Lüften, Handhygiene, Masken tragen, testen, Contact Tracing, Isolation und Quarantäne) wird nicht nur der Einzelne selbst geschützt, sondern auch das persönlichen Umfeld.

Impfdosen-Engpass in der Schweiz

Ursächlich für die derzeitigen Lieferschwierigkeiten ist die Corona-Pandemie. Ihr ist es zu verdanken, dass sich nun deutlich mehr Leute gegen Grippe impfen lassen wollen und es einen regelrechten Ansturm auf die Impfstoffe gibt. Viele Hausärzte und Apotheken bestellten im Frühling zwar mehr Dosen als in den Vorjahren. Eine Nachfrage von thebroker bei Dr. Pasqualine Gallacchi von der Apotheke TopPharm Health and go in Basel ergab, dass ihre Lager an Impfdosen dennoch in einigen Tagen (Stand Ende Oktober) aufgebraucht sein werden. Die Nachfrage sei seit dem Eintreffen des Impfstoffs Anfang Oktober sehr gross gewesen. Es wurden bereits ca. drei Mal so viele Impfungen durchgeführt wie in vergleichbarem Zeitraum der Vorjahre. Die nächste Lieferung erwartet Dr. Gallacchi Mitte bis Ende November. Eine Impfung im Dezember sei ihres Erachtens noch ausreichend, da die Grippewelle erfahrungsgemäss erst im Januar auftrete.

Zahlreiche Arztpraxen sehen sich bereits heute gezwungen für Impfwillige Wartelisten zu führen. Priorität haben dabei Personen, die zu einer der Risikogruppen gehören. Im Kanton Tessin können seit Tagen ausschliesslich Risikopatienten und Mitarbeitende des Gesundheitswesens geschützt werden. Die Kühl-Regale sind leer. Frühestens auf Ende November wird dort mit neuen Lieferungen gerechnet. 

Welche Anzeichen unterscheiden eine Grippe von Corona?

Es ist nicht einfach, Grippe-Symptome von den Symptomen des Corona-Virus zu unterscheiden. Bei beiden können Fieber, Husten oder Kopf- und Muskelschmerzen auftreten. Einer der früh bemerkbaren Unterschiede liegt darin, dass bei Corona der Geschmacks- und Geruchssinn meist schnell verloren gehen kann. Die erwähnten Risikopatienten sind bei beiden Erkrankungen weitgehend deckungsgleich.

Hausarzt oder Apotheke?

Die Grippeimpfung ist sowohl beim Hausarzt wie in ausgewählten Impfapotheken möglich. Letztere bieten diesen Service bereits seit 2015 ohne Anmeldung und Wartefrist an. Nebst Influenza werden in diesen speziell gekennzeichneten Apotheken Personen ab 18 Jahren auch gegen FSME sowie gegen Hepatitis A, Hepatitis B sowie Hepatitis A + B geimpft. Voraussetzungen für die Impf-Zulassung bei Apotheken sind: Fähigkeitsausweis FPH Impfen und Blutentnahme mit Erfüllung der Fortbildungspflicht, geeignete Räumlichkeiten in der Lokalität (abgetrennter, nicht einsehbarer Bereich mit Liegemöglichkeit für die zu impfende Person), Notfallausrüstung und ein angemessenes Qualitätssicherungssystem.

Eine Grippeimpfung kostet zwischen dreissig und vierzig Franken. Die Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt der Risikogruppe die Impfung. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn sich die Person beim Arzt impfen lässt. Wer sich in einer Apotheke impfen lassen möchte, muss den Betrag aus eigener Tasche berappen.

Binci Heeb


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