Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 2021
30. November 2020 | AktuellNebst der Einführung des Vaterschaftsurlaubs von zwei Wochen, ändern sich auch die Kennzahlen von AHV/IV/BVG und UVG ab dem 1. Januar 2021. Dies hat eine Erhöhung in allen drei Säulen zur Folge.
Damit der Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen, welcher am 27. September 2020 in der Volksabstimmung angenommen wurde, finanziert werden kann, wird der Erwerbsersatzordnungs (EO) -Beitragssatz ab Anfang Jahr von 0,45 auf 0,5 Lohnprozente erhöht. Bezahlt wird dies zum grössten Teil mit Beiträgen der Erwerbstätigen und Arbeitgeber. Es handelt sich um eine Erhöhung um 50 Rappen pro 1000 Franken Lohn.
Anders sieht es bei den anderen Sozialversicherungen aus: Die AHV-Leistungen steigen um monatlich maximal 20 Franken, was eine Erhöhung um 240 Franken jährlich bedeutet. So wird die maximale AHV-Altersrente neu 28’680 Franken betragen. Gibt es Änderungen und verändern sich die Grundwerte, hat das Auswirkungen auf das ganze System der drei Säulen.
Das Einmaleins des Sozialversicherungssystems
Das Drei-Säulen-Modell des schweizerischen Sozialversicherungssystems ist wie folgt aufgebaut: In die staatliche Vorsorge der 1. Säule (AHV) zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber paritätisch je 50 Prozent ein.
In die berufliche Vorsorge der 2. Säule (PK) zahlen ebenfalls Arbeitnehmer und Arbeitgeber mindestens 50 Prozent ein. Mit dem Unterschied, dass hier die Möglichkeit besteht, zu Gunsten des Arbeitnehmers eine bessere Finanzierung zu vereinbaren. Hier wird auch in den Sicherheitsfonds SiFo eingezahlt. In diesem Fonds erhalten Firmen, die ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen einen Ausgleich. Alle Vorsorgewerke zahlen einen Solidarbeitrag in den Sicherheitsfonds. Aus ihm wird zu Gunsten der Vorsorgewerke umverteilt, die alte Menschen beschäftigen.
In die Individualvorsorge der 3. Säule a) zahlt nur der Arbeitnehmer ein, sie ist immer steuerlich privilegiert. Auch in die 3. Säule b) zahlt nur der Arbeitnehmer ein, diese ist jedoch frei. Das heisst, sie ist steuerlich nicht privilegiert, jedoch entfällt die Endbesteuerung.
Die staatlich verordnete 1. Säule ist verpflichtend. Anders ist es in der beruflichen 2. Säule, wo mehr Handlungsspielraum möglich ist. In der 3. Säule wiederum existiert jeglicher Spielraum, es kann gespart oder versichert werden, beispielhaft sind die Risikoversicherung und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung zu nennen, oder man will ganz einfach zusätzlich auf das Alter hin sparen.
Junge zahlen massiv mehr Beiträge als Alte
Fakt ist, dass junge Menschen massiv mehr Beiträge in die 2. Säule zugunsten von älteren und alten Menschen bezahlen müssen. «Es mutet unfair an, ist es auch und befördert den Generationenkonflikt. Um diesen Konflikt beilegen zu können, müsste sich jeder und jede solidarischer zeigen und zu Gunsten der jüngeren Generation auf etwas verzichten», sagt Markus Weibel, dipl. Versicherungsfachmann und Finanzplanungs-Experte bei Balrisk Versicherungsbroker AG.
Vorsorge kann nicht exzessiv betrieben werden
Bis Anfang der 2000er Jahre konnte die Vorsorge exzessiv betrieben werden. Stellvertretend sei der Fall Percy Barnevik genannt. Der ehemalige Verwaltungsratspräsiden von Asea Brown Boveri ABB stand 2003 im Zentrum eines Abfindungsskandals, indem er ein Konstrukt erfand, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Bei ABB schied Barnevik 2002 aus dem Unternehmen aus und erhielt eine steuerbegünstigte Zahlung in sein Pensionsguthaben von 148 Millionen Franken. Dies wurde in der Öffentlichkeit stark kritisiert und führte dazu, dass der Schwede schliesslich 89 Millionen Franken zurückzahlte.
Dieser Fall hatte mit Vorsorge nichts mehr zu tun, sein Konstrukt war einzig und alleine dazu da, das Geld an den Steuern vorbei zu schmuggeln. Danach wurden äussere Grenzen der Vorsorge eingeführt. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sobald mehr als 25 Prozent des effektiven Lohns in die 2. Säule einbezahlt werden, das Terrain der Vorsorge verlassen wird. Der maximale Lohn in der 2. Säule beträgt 853’200 Franken, ab dem 1. Januar des nächsten Jahres 860’400 Franken
Welche Auswirkungen hat die Erhöhung der Sozialversicherungen?
Die Erhöhung ist dynamisch und hat Auswirkungen auf alle drei Säulen. Sie bietet mehr Möglichkeiten, zum Beispiel die Versicherung höherer Löhne, oder in die steuerlich privilegierte Vorsorge einzuzahlen. Es steigt nicht nur die AHV-Rente, sondern auch die versicherte IV-Rente, die Witwen-, Kinder- oder Waisen-Rente.
Die Erhöhung bringt eine sehr unangenehme administrative Nebenwirkung mit sich: Zig tausend Programme und Systeme müssen angepasst werden. Betroffen sind Firmen, die ihre Lohnprogramme anpassen müssen, Treuhänder, Steuerbehörden, etc.
Auch wenn die Erhöhung nicht sehr hoch ist, verändern sich durch sie auch die Vorsorgeleistungen. Bei jüngeren Menschen mit langem Anlagehorizont hat die Erhöhung ganz andere Auswirkungen, wie für Personen, die kurz vor der Pensionierung stehen. Schliesslich bietet sich eine gute Gelegenheit für Versicherte und Broker, die neue Situation zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Binci Heeb