Erwerbsbeteiligung ab 65 stagniert in der Schweiz, in unseren Nachbarländern steigt sie an

26. Juni 2024 | Aktuell Allgemein
Die Erwerbsbeteiligung ab 65 stagniert in der Schweiz, während sie in unseren Nachbarländern ansteigt
Die Erwerbsbeteiligung ab 65 stagniert in der Schweiz, während sie in unseren Nachbarländern ansteigt

Eine neue Swiss Life-Studie zeigt, dass etwa ein Viertel der Bevölkerung in der Schweiz über das Referenzalter hinaus arbeitet. Fast die Hälfte der 50- bis 63-/64-Jährigen wäre bereit, im Rentenalter weiterzuarbeiten, wenn Gesundheit, Arbeitsbedingungen und finanzielle Aspekte stimmten.

Noch nie war die Lebenserwartung in der Schweiz so hoch wie 2023. Und sie wird voraussichtlich weiter steigen: Gemäss den neusten Projektionen des Bundesamts für Statistik (BFS) könnte sich die durchschnittliche Lebensdauer der 65-Jährigen bis 2050 um weitere drei Jahre verlängern. Zwar hat die Bevölkerung im März eine Erhöhung des Referenzalters und dessen Koppelung an die Lebenserwartung deutlich abgelehnt. Mittelfristig ist das Thema damit aber nicht vom Tisch: Bis 2026 soll der Bundesrat aufzeigen, wie die Finanzierung der Altersvorsorge nachhaltig gesichert werden kann. «Angesichts der demografischen Alterung bleibt das Thema Erwerbstätigkeit ab 65 – auch losgelöst von der politischen Frage zum Referenzalter – relevant. Daher haben wir in unserer neuen Studie verschiedene Aspekte rund um das Arbeiten im Rentenalter untersucht», sagt Andreas Christen, Leiter Research Vorsorge bei Swiss Life Schweiz.

Rund ein Viertel der Bevölkerung arbeitet über das Referenzalter hinaus 

In der Schweiz arbeiteten in den letzten Jahren zwischen 180 000 bis 200 000 Personen ab 65 mindestens eine Stunde pro Woche gegen Bezahlung. 2018 bis 2022 betrug die Erwerbstätigenquote der 66-jährigen Männer durchschnittlich 30% und diejenige der 65-jährigen Frauen 21%, wobei es innerhalb der Bevölkerung Unterschiede gibt: Je höher z. B. der Bildungsgrad, desto höher ist die Erwerbsbeteiligung. Bei den 65- bis 70-Jährigen aus der Deutschschweiz ist sie höher (23%) als bei Gleichaltrigen aus der Romandie und der italienischen Schweiz (16% bzw. 17%). In Paarhaushalten sind sowohl Männer (41% vs. 21%) als auch Frauen (37% vs. 13%) ab 65 deutlich häufiger erwerbstätig, wenn auch der Partner beziehungsweise die Partnerin arbeitet, als wenn dies nicht der Fall ist.

Erwerbstätigenquote ab 65 steigt in der OECD, nicht aber in der Schweiz

Für die Altersgruppe von 55 bis 64 Jahren weist die Schweiz im internationalen Vergleich eine hohe Erwerbstätigenquote auf. Diese ist in den letzten Jahren unter anderem aufgrund einer höheren Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen weiter angestiegen. Ein anderes Bild zeigt sich bezüglich der Erwerbstätigenquote im Alter von 65 bis 69 Jahren: Diese erhöhte sich in der Schweiz bis 2016 auf 23%, stagniert seitdem allerdings. Im Gegensatz dazu nahm sie in den von Swiss Life untersuchten OECD-Ländergruppen, so auch in unseren Nachbarländern, weiter zu. Damit ist die Erwerbsbeteiligung ab 65 Jahren hierzulande aktuell zwar weiterhin höher als bei unseren Nachbarn, im allgemeinen OECD-Vergleich liegt sie allerdings nur im Mittelfeld.

Im Rentenalter arbeiten vor allem Selbstständige und Mitarbeitende in Kleinstbetrieben

Die meisten Erwerbstätigen im Rentenalter arbeiten hierzulande Teilzeit: Der durchschnittliche Beschäftigungsgrad liegt bei 46%. Rund die Hälfte ist selbstständig erwerbend oder arbeitet in einem Familienbetrieb. Zum Vergleich: Bei den 55- bis 59-Jährigen beträgt diese Quote nur 20%. «Unsere repräsentative Bevölkerungsbefragung bei insgesamt 2000 Personen im Alter 50 bis 70 zeigt zudem, dass in Kleinstbetrieben doppelt so häufig über das Referenzalter hinaus gearbeitet wird als in Grossunternehmen», sagt Nadia Myohl, Researcher Vorsorge bei Swiss Life Schweiz. 71% der von Swiss Life befragten 50- bis 70-Jährigen glauben, dass man im Rentenalter deswegen weiterarbeite, weil es finanziell notwendig sei. Effektiv geben aber nur etwa ein Drittel der im Rentenalter erwerbstätigen Befragten dies als Grund an. 70% sind nach eigenen Angaben erwerbstätig, weil ihnen die Arbeit Freude macht. 

Zusätzliche unbezahlte Arbeit kompensiert den Rückgang bei der bezahlten Arbeit nicht

Im Gegensatz zur bezahlten Arbeit ist die durchschnittlich geleistete Stundenzahl an unbezahlten Tätigkeiten wie Haus- oder ehrenamtlicher Arbeit im frühen Rentenalter leicht höher als zuvor – unter anderem aufgrund der Betreuung von (Gross-)Kindern. Betrachtet man unbezahlte und bezahlte Arbeit zusammen, liegt die Zahl der durchschnittlichen pro Woche geleisteten Stunden bei 65- bis 69-jährigen Frauen jedoch immer noch rund 20% unter derjenigen der 60- bis 64-jährigen. Bei den Männern beträgt die Differenz rund 30%.

Knapp die Hälfte kann es sich unter gewissen Bedingungen vorstellen, länger zu arbeiten

Gut ein Drittel der von Swiss Life befragten 50- bis 60-Jährigen geht davon aus, mit 66 Jahren noch erwerbstätig zu sein. Wenn sie jedoch frei wählen könnten, würden 55% die Erwerbstätigkeit bereits vor dem 65. Altersjahr vollständig aufgeben. Lediglich 21% würden einen Pensionierungszeitpunkt nach 65 anstreben. Die Swiss Life-Umfrage zeigt aber auch, dass es sich 45% der 50- bis 63-/64-jährigen Erwerbstätigen unter gewissen Bedingungen (zumindest eher) vorstellen können, über das Referenzalter hinaus zu arbeiten. Am ehesten würden sie dies beim bisherigen Arbeitgeber bzw. im gleichen Job tun, allerdings mehrheitlich nicht im selben Pensum. Nur 20% könnten es sich gut vorstellen, im Rentenalter einen völlig neuen Beruf auszuüben – selbst wenn es der Traumberuf wäre. 

Gute Gesundheit, Wertschätzung und höhere Renten sind Voraussetzungen für Weiterarbeit

Je positiver ältere Erwerbstätige ihre aktuelle Arbeits- und Gesundheitssituation einschätzen, desto eher sind sie bereit, im Rentenalter weiterzuarbeiten. Zudem gibt es Unterschiede zwischen Berufsgruppen: Während etwas mehr als die Hälfte der befragten Kader bzw. Fachspezialisten im Büro eine Bereitschaft zur Erwerbstätigkeit im Rentenalter signalisieren, tun dies nur etwa ein Drittel der «Blue Collar Workers». 59% der Erwerbstätigen in einem Betrieb mit bis zu neun Mitarbeitenden können sich eine Spätpensionierung vorstellen, aber nur 36% derjenigen, die in Grossunternehmen arbeiten. Auf die Frage nach den Voraussetzungen für eine Weiterarbeit im Rentenalter nennen zwei Drittel der älteren Erwerbstätigen eine «gute Gesundheit» und etwa die Hälfte entweder ein gutes Arbeitsklima oder Wertschätzung seitens des Arbeitgebers. Finanzielle Aspekte wie eine «höhere Rente» (38%) oder solche mit Bezug zu Arbeitsbedingungen wie der «Möglichkeit zur Reduktion des Arbeitspensums» (35%) werden ebenfalls häufig als Voraussetzung für eine Weiterarbeit genannt. 

Laden Sie hier die vollständige Studie «Lang lebe die Arbeit? Zahlen, Fakten und Wünsche rund um die Erwerbstätigkeit im Rentenalter» als PDF herunter.


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