Grosse Prämien-Unterschiede bei Autoversicherungen für In- und Ausländer
11. Oktober 2021 | Aktuell
Bei der Preisgestaltung unterscheiden die Autoversicherer zwischen Schweizern und ausländischen Kund*innen. Dabei werden nicht alle Niedergelassenen ohne roten Pass gleich behandelt.
Ein Test von thebroker zeigt, dass die Differenzen sehr gross sein können. Aus allen Online-Autoversicherern wurden drei ausgewählt: Elvia, AXA Basic Plus und Allianz Suisse, wobei Elvia ein günstiger, AXA Basic Plus ein mittlerer und Allianz Suisse ein in diesem Bereich teurer Versicherer ist.
Ausgewähltes Fahrzeug
Als Basis diente ein unfallfreier Mercedes-Benz E350 Kombi, Jahrgang 2012 mit 71 000 Kilometern. Als Fahrer wurden je eine 58-jährige Frau sowie ein 23-jähriger Mann, beide in Basel-Stadt wohnhaft, ausgewählt. Einziger Unterschied beim Vergleich war jeweils die Nationalität.
Sechs Nationalitäten geprüft
Folgende Nationalitäten wurden geprüft: Schweiz, Deutschland, Kosovo, Portugal, Türkei und Ungarn. Die Überraschung war gross, denn die Unterschiede zwischen den Staatsangehörigen waren enorm.
Im Test wurden eine Haftpflicht- und Teilkasko-Versicherung mit 1 000 Franken Selbstbehalt abgeschlossen. Da jede Versicherung ein unterschiedliches Bewertungs-System nutzt und es deshalb keine einheitliche Abfragemöglichkeiten gibt, wurde das Autoversicherungs-Vergleichs-Tool von comparis.ch verwendet.
Elvia Versicherung
| Nationalität | Prämie Frau: 58 | Prozent | Prämie Mann: 23 | Prozent |
| Schweiz | 386.– | 518.– | ||
| Deutschland | 389.– | + 0.8 | 524.– | + 1.1 |
| Kosovo | 646.– | + 40.2 | k.A. | |
| Portugal | 426.– | + 9.4 | 576.– | + 10 |
| Türkei | 541.– | + 28.7 | 741.– | + 30 |
| Ungarn | 494.– | + 21.9 | 576.– | + 10 |
AXA Basic Plus
| Nationalität | Prämie Frau: 58 | Prozent | Prämie Mann: 23 | Prozent |
| Schweiz | 562.– | 758.– | ||
| Deutschland | 584.– | + 3.8 | 789.– | – 3.9 |
| Kosovo | 993.– | + 43.4 | 1’791.– | + 57.7 |
| Portugal | 612.– | + 8.2 | 1’043.– | + 27.3 |
| Türkei | 908.– | + 38.1 | 1’649.– | + 54 |
| Ungarn | 625.– | + 10 | 1’104.– | + 31.3 |
Allianz Suisse
| Nationalität | Prämie Frau:58 | Prozent | Prämie Mann: 23 | Prozent |
| Schweiz | 738.– | 1’045.– | ||
| Deutschland | 725.– | – 1.8 | 1’024.– | – 2 |
| Kosovo | 1’140.– | + 31.3 | 1’641.– | + 36.3 |
| Portugal | 834.– | + 11.5 | 1’186.– | + 11.9 |
| Türkei | 1’125.– | + 33.9 | 1’641.– | + 36.3 |
| Ungarn | 793.– | + 6.9 | 1’112.– | + 6 |
Bei der Umfrage von Comparis im März dieses Jahres spricht der Vergleichsdienst von durchschnittlich 60 Prozent Preisunterschied bei Prämien für eine Vollkaskoversicherung zwischen Schweizer*innen und Menschen aus dem Kosovo, Albanien und Serbien. Nur leicht weniger bezahlen türkische Staatsangehörige.
Die Gründe für die Aufschläge liegen in der Art der Berechnung: Die Versicherer beachten bei der Bemessung der Prämien unter anderem das Geschlecht, Alter, der Wohnort, Fahrzeugtyp, die Fahrpraxis und Nationalität. Aufgrund der Schadenhistorie, eigenen und öffentlichen Statistiken bilden die Versicherungen Risikogruppen.
Werden Ausländer diskriminiert?
Während in der Europäischen Union die Nationalität für die Berechnung eines Tarifs nicht zugelassen ist, dürfen die Versicherer in der Schweiz diesen Punkt in ihre Kalkulation einfliessen lassen, aber nur, wenn die Risiken statistisch belegbar sind. Der Bundesrat erklärt damit, dass eine risikobezogene Berechnung der Prämien nach Nationalität keine Diskriminierung sei.
Fakt ist, dass ausländische Versicherte – vor allem aus dem Balkan oder der Türkei – für Ihre Autoversicherung mehr, teilweise sogar sehr viel mehr bezahlen. Wie unser Test belegt, ist es dabei egal, wie lange sie unfallfrei in der Schweiz leben. Hier herrscht Handlungsbedarf. Ob sich diese Menschen tatsächlich einbürgern müssten, um von den gleichen Tarifen wie Schweizer zu profitieren, darf von thebroker mit leichtem Kopfschütteln hinterfragt werden.
Binci Heeb
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