Grosser Erfolg für erstes Versicherungsbroker-Forum

2. September 2021 | Aktuell
Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff. Bild: ©Finanz und Wirtschaft Forum

Zum ersten Mal widmete sich das Finanz und Wirtschaft Forum mit Medienpartner thebroker den Versicherungsbrokern. Unter dem Titel: «Partnerschaften für morgen» referierten und diskutierten am 31. August hochkarätige Fachleute im Gottlieb Duttweiler Institut über die Veränderungen in der Brokerwelt. 

Den Anfang machte Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff, VR-Präsident Wellershoff & Partners und unter anderem Präsident der Forschungsgemeinschaft für Nationalökonomie an der Universität St. Gallen HSG, zum Thema «Ausblick für das Marktumfeld der Schweizer Versicherungswirtschaft». Als Unternehmer blickt er optimistisch in die Zukunft, denn Veränderungen beinhalteten immer auch Chancen. Ein dämpfender Faktor sei die Corona-Pandemie, die aufgrund des fehlenden Wachstums einen Anstieg der Verschuldung zur Folge haben wird. In den nächsten Jahren müsse mit deutlich tieferen Wachstumsraten gerechnet werden. 

Während in Asien die Wachstumsraten hoch bleiben würden, prognostiziert Wellershoff, dass Europa zur Peripherie der Weltwirtschaft werde. Zinsprognosen seien unmöglich, es könne nur mit Wahrscheinlichkeiten umgegangen werden. Vieles hänge zudem von den Zentralbanken ab. 

AHV, 2. und 3. Säule

Der Ökonom sprach unter anderem über die Probleme im Mehrsäulen-System. Für Versicherer stehe in der zweiten und dritten Säule viel auf dem Spiel. In einem exklusiven Kurzgespräch mit thebroker sagt er: «Wenn ich eine Prognose wagen darf, werden wir nicht darum herum kommen, die AHV zu stärken». 

Der Sexappeal der kapitalbasierten Vorsorgelösung werde leiden. In 20 Jahren müsse die Altersversorgung der Menschen aus dem dann vorhandenen Volkseinkommen gestärkt werden. Viele Leute würden dann begreifen, dass es kein grosser Unterschied ist, ob dies über ein Umlageverfahren gemacht wird oder über Kapitalerträge aus Unternehmensgewinnen und vergebenen Krediten. «Deswegen würde ich damit rechnen, dass wir ganz grundlegende Reformen sowohl in der zweiten Säule als auch in der ersten Säule sehen werden», so Wellershoff weiter. 

Keine rosigen Aussichten für junge Menschen

Wenn die Zinsen weiter so tief blieben, wird gemäss Wellershoff sehr deutlich, dass die jungen Menschen in der Situation sind, dass sie nicht mehr auf den Zinseszins der obligatorischen Sozialträgerschaften vertrauen können und auch Zuwachsraten in den Kapitalmärkten über Immobilien und Aktien in der Zukunft bescheidener sein werden als in der Vergangenheit. Das heisst, dass sie mehr oder weniger jeden Franken, den sie in der Zukunft ausgeben wollen, heute sparen müssen. In der Folge müssen die Lohnzuwachsraten der nächsten Jahre das decken.

Qualifizierte Arbeitskräfte werden sehr knapp. Sie sind es heute schon und werden in Zukunft noch seltener. Die dannzumal steigenden Löhne wären Inflationstreiber und durch die höhere Inflation träfe es jedoch explizit auch die alten Menschen. «Wir müssen uns auf mehr Konfrontation zwischen jung und alt einstellen» folgert Wellershoff.

Die Frage des gesetzlichen und des effektiven Rentenalters sei sehr interessant. «Da werden wir nicht darum herum kommen, dass wir nicht nur Anreize schaffen, sondern auch Gesetze, die dazu führen, dass wir länger arbeiten müssen», so Wellershoff. Sein Tipp an junge Menschen: Gute Ausbildung und jeden Franken auf die Seite legen fürs Alter.

Herausforderungen und neue Kundenerlebnisse im digitalen Zeitalter

In einem Podium wurden die Herausforderungen und neue Kundenerlebnisse im digitalen Zeitalter diskutiert. Andri Mengiardi, CEO von esurance.ch, sieht in der Digitalisierung eine Chance für neue Kunden und kürzere Prozesse. Im Endeffekt ginge es darum, wie man die Komplexität für Kunden reduziere.

Christian Kessler, Managing Partner Kessler & Co AG, verspricht sich durch Digitalisierung eine Belebung des Wettbewerbs. Vor allem im KMU-Segment läge ein grosses Potential. Trotzdem würden qualifizierte Risikoberater weiter Bestand haben. 

Adrian Ill, Delegierter des Verwaltungsrates Sobrado AG teilt diese Ansicht. Grosse digitale Einsatzchancen findet er in der administrativen Produktionsoptimierung. Damit erhalten qualifizierte Mitarbeitende mehr Zeit für ihre Kunden. 

Gemäss Prof. Dr. Peter Maas, Titularprofessor und Vizedirektor Institut für Versicherungswirtschaft Universität St. Gallen, erwarten Business-Kunden bereits seit zehn Jahren mehr Innovation und Beratungsqualität. Er weist darauf hin, dass der direkte Zugang zum Kunden teurer ist. 

Neue Strukturen und Chancen im Brokermarkt

Laut Birgit Rutishauser, Stellvertreterin des Direktors und Leiterin Geschäftsbereich Versicherungen Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma, sind 8 000 Versicherer und Brokerfirmen bei der Finma registriert. Darunter befinden sich 100 grössere Firmen und viele kleinere. Eine Konsolidierung auf 4 000 würde keinen grossen Unterschied machen, da sich die Finma vor allem auf die 100 grösseren konzentriere. Die Finanzmarktaufsicht muss jährlich um die 150 Reklamationen nachgehen. Es komme zu zwei bis drei Austragungen aus dem Register.

Jasmine Sandra Forster, Niederlassungsleiterin Zürich Verlingue AG, glaubt, dass der Markt sich weitgehend selber reguliert. Zwar bräuchte es Auflagen, aber so wenig wie irgendwie möglich. Auch aus ihrer Sicht ist die Digitalisierung ein Mittel, um effizienter zu werden sowie näher an die Kunden zu kommen. 

Auch Markus Lehmann, Präsident SIBA, teilt die Meinung, dass so wenig Regulierung wie möglich nötig ist. Der SIBA sei mittlerweile bei 94 Mitgliedsfirmen angelangt, vor vier Jahren waren es noch 54. Die Topbroker der Schweiz setzen sich durch. Der VAG wird einige Hürden mit sich bringen. Unter anderem sind Aus- und Weiterbildungen vorgeschrieben. Der SIBA hilft hier, mit einer eigenen dafür geschaffenen Abteilung, mit.

In parallelen Gruppengesprächen zu Themen wie «Gesundheitstrends und Ableitungen für die Versicherung der Zukunft» wurden Gesundheitstrends der Zukunft diskutiert. Sicher ist, dass die Prävention und Personalisierung eine noch bedeutendere Rolle spielen werden. Auch die Partizipation sowie die DNA-Thematik, welche die ganze Medizin revolutionieren wird. Bei all diesen Gesundheitstrends wird dem Datenschutz eine grosse Bedeutung zukommen, unter anderem bei Versicherungspolicen nach Belohnung von gesunder Lebensweise.

Binci Heeb


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