Können NFTs versichert werden?
31. Dezember 2021 | AktuellNFTs oder «Non-Fungible Tokens» sind digitalisierte, also virtuelle Formen eines Vermögenswertes im Internet. Für Liebhaber handelt es sich dabei um Kunst. Diese kann jeder selbst herstellen, indem er oder sie beispielsweise ein eigenes Bild zum Verkauf hochlädt.
Im März dieses Jahres versteigerte das Auktionshaus Christies’s erstmals eine Digitalcollage des Digitalkünstlers Mike «Beeple» Winkelmann. Zum Rekordpreis von fast 70 Millionen Dollar ging das Werk über den virtuellen Ladentisch. Ebenfalls zum ersten Mal war es möglich mit der Kryptowährung Ether zu bezahlen. Die Einträge in der fälschungssicheren Ethereum-Blockchain besagen, wem die «Originalkopie» des Werks «Everydays – The First 5000 Days» gehört.
Das Geschäft mit NFTs läuft derzeit immer besser. Auch Twitter-Mitgründer Jack Dorsey versteigerte auch im März 2021 eine digitale Kopie seines ersten Tweet im Netz für gut 2,9 Millionen Dollar.
Wie bei einer Blockchain sind Informationsblöcke wie Glieder einer Kette aneinandergereiht. Gemäss Defi-Report wurden zehn Prozent des weltweiten Umsatzes im Kunstmarkt über NFTs im 1. Quartal dieses Jahres erzielt. Im zweiten Quartal 2021 wurden laut Reuters weltweit NFTs in Höhe von 2,5 Milliarden US Dollar umgesetzt. Es war gar viel, für etwas, das in Wirklichkeit gar nicht existiert, sagen Kritiker.
Wie funktionieren NFTs?
Eigene digitale Kunstwerke, Videos oder Songs können auf einem Marktplatz, ähnlich wie bei «eBay» hochgeladen werden, wo sie Interessierte kaufen können. Der grösste Handelsplatz mit Millionen von angebotenen Bildern heisst OpenSea. Hinter den Bildern kann alles stecken, Künstler, Projekte oder sogar Spiele. Dem Besitzer eines NFT-Projekts ist es möglich, besonderen Gruppen beizutreten.
Non-fungible Tokens werden von Liebhabern mit Kunstwerken wie Gemälden verglichen. Sie besitzen damit zumindest einen individuellen Wert, der mittlerweile monetäre Bedeutung erlangt hat.
Erstellung und Verkauf von NFTs
Zunächst wird für Kauf und Verkauf Kryptowährung benötigt, welche in einem Wallet (digitalen Geldbeutel) aufbewahrt wird. Wallets werden von verschiedenen Anbietern für verschiedene Währungen angeboten. Da die grossen Handelsplattformen meist auf der Ethereum-Blockchain basieren, ist dies in der Regel ETH. Ethereum.org hilft bei der Auswahl der Wallets. Sie dienen lediglich der Interaktion mit dem Krypto-Konto. Ihre Anbieter können einfach gewechselt werden.
Der Kauf der Währung ist direkt über die Wallet-Anwendung möglich. Je nach Anbieter stehen verschiedene Zahlungsarten zur Auswahl. Die Handelsplattformen für die Erstellung der NFTs erheben Gebühren. Auf der Plattform OpenSea kann mittels der Funktion «Connect Wallet» das entsprechende Wallet ausgewählt und durch das Einscannen eines QR-Codes die Verbindung hergestellt werden.
Für die Erstellung von NFTs muss das Werk zunächst in einem geeigneten Dateiformat auf dem jeweiligen Handelsplatz hochgeladen werden. Wie bei einer Auktion oder bei einem Festpreis-Verkauf werden die Details zum Geschäft im Anschluss festgelegt. Auch Tantiemen, wonach der Verkäufer bei jedem Abschluss einen prozentualen Anteil des Verkaufspreises erhält, werden verbindlich vereibart. Danach können NFTs verkauft werden.
Hohe Risiken bei NFTs
Der Besitzer eines in der Blockchain gespeicherten Kunstwerks verfügt über einen Private Key zu seiner digitalen Brieftasche (Wallet). Mit dem Verlust des Private Keys, geht auch der Zugriff auf die oder das Kunstwerk(e) unwiederbringlich verloren. Dies ist eines der Hauptrisiken von NFTs.
In der Regel erhält man einen Link zum Speicherort des Kunstwerks. Wird diese Verbindung jedoch unterbrochen oder stellt das Unternehmen, welches den Vermögenswert speichert seine Geschäftstätigkeit ein, kann der Besitzer der NFTs mit Links zurückbleiben, die ins Leere führen. Dasselbe gilt auch für digitale Marktplätze, Anbieter von digitalen Wallets oder Serverfarmen, die an NFT-Transaktionen beteiligt sind.
Kann digitale, rein virtuelle Kunst überhaupt versichert werden?
So antworten die angefragten Versicherer:
AXA XL
Aus Sicht von Frances Erb, Underwriting Manager Fine Art & Private Clients Switzerland, AXA XL, ist das Sammeln von digitaler Kunst ein Phänomen, das derzeit in der Kunstbranche ein neues Publikum für sich begeistert. «Allerdings stellen wir fest, dass die heutige Nachfrage nach Versicherungslösungen für digitale Kunstwerke dieses grosse allgemeine Interesse am Thema nicht gleichermassen wiederspiegelt», so Frances Erb. AXA XL arbeitet mit einem marktüblichen Cyber-Ausschluss, bietet aber Versicherungsschutz unter anderem gegen Diebstahl, wenn sich dieser in Folge eines gezielten Cyberangriffts auf ihre Versicherungsnehmer ereignet.
Während sich die Kunstwelt weiter entwickelt, will auch AXA XL weiterhin innovative Risikomanagementstrategien und Versicherungsprodukte entwickeln, um Kunst in all ihren Formen zu schützen.
Allianz Suisse
«Wir versichern nur Kunstgegenstände die sich anfassen lassen», sagt Dr. Oliver Class, erfahrener Kunstsachverständiger bei der Allianz Suisse.
Zurich Schweiz
Laut David Schaffner, Mediensprecher von Zurich Schweiz werden derzeit in der Kunstversicherung keine NFT versichert. Der Versicherer beobachtet die Entwicklung aber mit Interesse. «Ein Schaden an einem NFT wäre wohl als reiner Vermögenschaden zu qualifizieren, was gegen eine Zuordnung zur klassischen Kunstversicherung spricht», so David Schaffner.
In dieser Frage etwas weiter sind unsere Nachbarn in Österreich. Dort beantwortete Rechtsanwalt Peter Konwitschka die Fragen des österreichischen Der Standard so: «NFTs sind nach österreichischem Versicherungsrecht versicherbar. Im Hinblick auf ihre Bewertung werfen NFTs jedoch eine Reihe von versicherungsrelevanten Fragen auf, weshalb es bisher noch keine Versicherungsprodukte gibt. Aufgrund ihres Marktpotenzials ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis erste Versicherungsunternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und Versicherungsschutz für NFTs anbieten werden.»
Wann und wie auch der Schweizer Versicherungsmarkt auf den gegenwärtigen NFT-Hype reagieren wird, bleibt (noch) abzuwarten. Gewisse Dinge erledigen sich nicht selten von selbst…
Binci Heeb
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