Mobiliar verschickt den Mitarbeitenden nicht zugelassene Corona-Speichel-Selbsttests

16. April 2021 | Aktuell
Bild: Mobiliar, Bundesgasse 35, Bern. ©Mobiliar

Die Mobiliar-Versicherung wollte den Mitarbeitenden Gutes tun, nun tut sie gar nichts mehr.

Denkwürdiger Tag für die Mobiliar-Versicherung: Am Dienstag dieser Woche präsentierte das Unternehmen seine Zahlen für das vergangene Jahr. Diese sahen, trotz massiver, durch Corona verursachter Kosten, gut aus. Der Gewinn lag bei 437,8 Millionen Franken. So fiel es dem Versicherer dank der stolzen Bilanz sicher leicht seinen Mitarbeitenden kurz vor Ostern gratis einen Speichel-Schnelltest für zu Hause zukommen zu lassen.

«Wir haben unsere Mitarbeitenden vorsorglich mit Selbsttests ausgerüstet, um bereit zu sein, wenn der Bund die Homeoffice-Pflicht aufheben wird», sagt Jürg Thalmann, Mediensprecher bei der Mobiliar. Die Selbsttests waren als Ergänzung ihres etablierten Schutzkonzepts vorgesehen.

Die Mobiliar habe über ihren medizinischen Partner in der Schweiz Selbsttests bezogen, welche in der EU validiert wurden. Das geschah zu einem Zeitpunkt, als in der Schweiz noch unklar war, ob es Schnelltests für zu Hause überhaupt geben werde. Damit wollte sich die Versicherung bereithalten, wenn es zu weiteren Lockerungsschritten kommt.

Während der Beschaffung und der kostenlosen Abgabe an die Mitarbeitenden habe der Bund die entsprechende gesetzliche Grundlage mehrfach angepasst. Seit Kurzem dürfen Selbsttests nur noch von Apotheken abgegeben werden. Zudem müssen diese Tests in der Schweiz zugelassen worden sein.

Privater Speichel-Schnelltest nicht zugelassen

Leider ist die Sache nicht so einfach, wie sie klingt: der Speichel-Selbsttest von Hotgen Biotech, sowie alle anderen Tests dieser Art sind in der Schweiz für den privaten Gebrauch nicht zugelassen. Zwar gibt es ihn im Handel, beispielsweise bei Sulser Trading und Service Group Otelfingen (ZH), die Firma muss den Käufer*innen nun aber jeweils mitteilen, dass der Test nur im Beisein einer Fachperson gemacht werden darf, so die Auskunft bei Sulser. Dies verlange das Bundesamt für Gesundheit BAG verbindlich. In der Praxis müssten Mobiliarmitarbeitende sich also jeden Morgen vor dem Schliessen der Wohnungstüre mit einer Vertretung aus Spital oder Arzt-Praxis treffen. Doch diese haben zurzeit wesentlich Wichtigeres zu tun.

«Hotgen» Covid-19 Antigen Rapid Speichel-Test

Antigen-Schnelltests

«Sämtliche Schnelltest, welche ausserhalb von bewilligten Laboratorien eingesetzt werden können, sind auf der Liste der validierten Sars-CoV-2-Schnelltests auf der Homepage des BAG aufgelistet», so die Auskunft des BAG. Gelistete Schnelltests zur Fachanwendung müssten unter Verantwortung einer in der Covid-19-Verordnung-3 definierten Leistungserbringer durch eine spezifisch geschulte Person durchgeführt werden. Ausschliesslich gelistete Selbsttest dürften durch Laien durchgeführt werden.

Da ein Schnelltest der Firma «Hotgen» aktuell nicht auf der Liste zu finden sei, dürfe dieser dementsprechend auch nicht ausserhalb von Laboratorien eingesetzt werden – weder als Selbst- noch als Schnelltest durch eine spezifisch geschulte Person.

Im Gegensatz zu den Spucktests ermöglichte der Bundesrat am 12. März dieses Jahres den erweiterten Gebrauch der sogenannten Antigen-Schnelltests. Gemeint sind damit die einfach zu handhabenden Prüfungen durch nasalen Abstrich, die auch von Laien zu Hause durchgeführt und abgelesen werden können. 

Solche Selbsttests können ausschliesslich in Apotheken bezogen werden und sind nur bei symptomlosen Patient*innen einzusetzen. Für sämtlichen anderen Anwendungen gelten nach wie vor lediglich die bisherigen Antigen-Schnelltests welche, wie erwähnt, nur durch spezifisch geschultes Personal verwendet werden dürfen. Negative Resultate sind nicht meldepflichtig und der Bund übernimmt sämtliche Testkosten für Schnelltests. 

Ob es nun von Mobiliar anstelle der Speichel- zugelassene Antigen-Schnelltests geben wird und was mit den verteilten Selbsttests geschehen soll, beantwortet Jürg Thalmann gegenüber thebroker so: «Unter den heutigen Voraussetzungen ist für uns klar, dass wir als Mobiliar bis auf Weiteres keine Selbsttests mehr abgeben. Was mit den bereits an die Mitarbeitenden verteilten Selbsttests geschieht, klären wir derzeit mit dem BAG.

Die Mobiliar hat es nur gut gemeint und wollte ihre Mitarbeitenden bereits vor der zu Unrecht erwarteten raschen Aufhebung des Homeoffice-Gebots einen einfachen Speichel-Schnelltest verteilen, ganz nach dem Aufruf des Bundesrats, regelmässig in Unternehmen und Institutionen zu testen. Sie wollte bereits vor einer Ankündigung des Homeoffice-Stopps aktiv werden, damit die Mitarbeiter*innen schnell, aber gesund zurück ins Büro kommen können. Doch in diesen Tagen, genauer am Mittwoch 15. März, hat Bundesrat Berset in einer Medienkonferenz bekannt gegeben, dass für die Landesregierung das Homeoffice weiterhin obligatorisch bleibt – das Spucken muss warten.

Binci Heeb


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