Veloboom: Diebstahl ist billiger als Kauf – nicht aber für die Versicherungen

7. Juni 2021 | Aktuell
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Die Schweiz wird immer mehr zum Land der Velofahrenden, von Bund, Kantonen und Gemeinden gefördert. Ausgelöst durch die Corona-Pandemie wurden 2020 zudem massiv mehr Velos gekauft denn je zuvor. Den grösste Zuwachs verzeichneten E-Bikes, Rennvelos und Mountainbikes. 

Konkret steigerte die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr laut Statista in der Schweiz den Umsatz von Velos in schwindelerregende Höhe. 501 828  wurden abgesetzt, im Vorjahr waren es noch 363 497. Den höchsten Anstieg verzeichneten Sportfahrräder, gefolgt von den bis vor kurzem noch als Exoten angesehenen E-Bikes, hier konnten 171 133 Modelle verkauft werden. Wartezeiten sind mittlerweile an der Tagesordnung. Bern wurde 2019 in einem Ranking basierend auf der Länge der Radwege und der Einwohnerzahl sowie nach Qualität der Strassen zur Stadt mit der hochwertigsten Radweg-Infrastruktur gekürt. 

E-Bikes sind die Perlen organisierter Diebesbanden

Die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2020 zeigt ein positives, wie negatives Bild. So wurden im vergangenen Jahr zwar 7 Prozent (30 656) weniger Fahrräder gestohlen, dafür aber 38 Prozent (6 082) mehr E-Velos. Pro Velo rät zur Vorbeugung von Diebstahl und zur Erleichterung der Rückführung gestohlener Zweiräder dazu, diese, wenn immer möglich, in einem abschliessbaren oder überwachten Raum einzustellen. Zudem sollten sie nicht nur ab-, sondern auch angeschlossen werden. Es empfiehlt sich Rahmennummer, Marke und Farbe des Velos zu notieren und bei einem privaten Register einzutragen, jeden Diebstahl  ausnahmslos bei der Polizei anzeigen und der Veloversicherung melden. Letztere zeigten sich bisher in der Regel äusserst kulant und unkompliziert – zu lange galt das «Mucken» eines Fahrrades als Kavaliersdelikt.

Mehr Velos, mehr Unfälle

Die Zahl der Velounfälle stieg im vergangenen Jahr um 21 Prozent auf 22 548. 82 Prozent davon sind Selbstunfälle. Die Folgen sind auch für Arbeitgeber*innen gravierend, denn in über 40 Prozent führen Unfälle, die im Strassenverkehr stattfinden, zu entschädigten Ausfalltagen, wie die Suva in ihrem aktuellen Kundenmagazin «benefit» schreibt. Diese jährlichen laufenden Kosten kommen die Suva und damit die Prämienzahlenden jährlich auf 182 Millionen Franken zu stehen.

Velo weg, wann zahlt die Hausratversicherung?

Wird ein Velo Zuhause, zum Beispiel aus der eigenen Garage, gestohlen, zahlt grundsätzlich die Hausratversicherung im Basispaket eine Entschädigung. Dabei gilt, dass beim Entwenden sämtliche nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen waren. So müssen alle Türen und Fenster geschlossen gewesen sein. Andernfalls geht die Versicherung von fahrlässigem Handeln aus und kann die Entschädigung kürzen. Doch ist ein Verstoss gegen solche Vorschriften meist schwer zu beweisen. In aller Regel entschädigt die Hausratversicherung den Neuwert des Fahrrads ohne grosse Umstände. Doch geht das für sie enorm ins gute Tuch. Die teureren E-Bikes sind deshalb in dieser Versicherung bereits oft nicht mehr inbegriffen.

Und was ist mit der Privathaftpflichtversicherung?

Die Privathaftpflichtversicherung übernimmt Schäden, welche an Dritten verursacht werden jedoch keinen Diebstahl. Beim Abschluss wird eine maximale Versicherungssumme festgelegt. Die Summe liegt normalerweise in Millionenhöhe und legt fest, wie viel im Falle eines selbstverschuldeten Unfalls maximal gedeckt ist. Bei Grobfahrlässigkeit muss auch da mit Kürzungen gerechnet werden. Was viele der neuen Velobegeisterten nicht wissen: bei leistungsstarken E-Bikes mit mehr als 500 Watt Leistung ist in der Schweiz eine Moped-Haftpflichtversicherung obligatorisch.

Fahrrad-Diebstahl ausserhalb: Ohne Veloversicherung kein Rappen Entschädigung

Die spezielle Veloversicherung enthält üblicherweise einen europaweiten Kaskoschutz. Sie übernimmt bei Unfällen die Reparaturkosten am beschädigten Velo oder E-Bike. Meist ist auch der europäische Diebstahlschutz bis zu 100 Prozent des Neupreises des Fahrrads inbegriffen. Die Veloversicherung von TCS beispielsweise schliesst zudem eine 24h-Pannenhilfe ein und sorgt mit einem dichten Netz an TCS-Patrouilleuren bei einer durchschnittlichen Wartezeit von 35 Minuten in den ganzen Schweiz für ein Weiterkommen.

Trotz verschärften Auflagen, werden die Fahrraddiebstähle für die Versicherungen zum finanziellen Albtraum. Zumal hinter den Delinquenten nicht selten höchst kriminelle Banden stehen, welch mit Lieferwagen vorfahren und gleich ganze Veloständer leerräumen und innert Minuten für immer mit dem Diebesgut verschwinden. So umständlich dies für die Direktbetroffenen auch ist, den wirklichen Preis zahlen die Versicherungen. Bei den heutigen, sehr günstigen Policen ein unhaltbarer Zustand, der in absehbarer Zukunft seinen Niederschlag in den Prämien finden dürfte. Ausser der Velo-Fan Vater Staat greift ein, oder deutlicher in die Taschen der Steuerzahler.

Binci Heeb


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