Stand Versicherungs-Guthaben Jahre nach Konkurs von Thomas Cook

9. Juli 2021 | Aktuell
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Die Insolvenz von Thomas Cook und seiner Töchter 2019 hatte auch Auswirkungen auf Schweizer Tourist*innen. Zahlreiche Schweizer Reisebüros verkauften die Pauschalreisen des einstigen Reise-Weltmarktführers. Betroffene Kund*innen konnten versuchen ihre Ansprüche bei der Zurich geltend zu machen, dem Versicherer des Veranstalters. Doch dabei galt und gilt es einiges zu beachten.

«Die Geltendmachung von Ansprüchen ist ein langwieriger Prozess», sagte bereits vor zwei Jahren der Ombudsmann der Schweizer Reisebranche. Die Zurich hatte damals nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, weshalb schliesslich der deutsche Staat einspringen musste. Heute sind deshalb die noch ausstehenden Guthaben der geschädigten Thomas Cook-Kundschaft auch in der Schweiz weitgehend abbezahlt. In Deutschland soll nun ein Sicherungsfonds die bisherige Absicherung durch Versicherungen oder Bankbürgschaften ablösen.

Thomas Cook: Der erste Pauschalreisenanbieter

Der 1808 geborene Engländer Thomas Cook gründete sein Reiseunternehmen 1861 indem er eine Reise per Bahn und Schiff für Arbeiter*innen nach Paris organisierte. Im Preis inbegriffen waren auch Unterkunft und Verpflegung, womit die Pauschalreise geboren war. Auch die Gründung von Reisebüros ist auf den Baptistenprediger zurückzuführen. Das Geschäft blieb bis 1928 in Familienbesitz, bevor es an die Compagnie Internationale des Wagons-Lits CIWL mit Sitz in Brüssel und Paris verkauft wurde. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg verkaufte die CIWL das Unternehmen an die British Railways. Nach einigen weiteren Eigentümerwechseln entstand die ab 2001 in deutschem Besitz befindliche Thomas Cook Group, welche bis 2009 zu Arcandor gehörte und am 23. September 2019 Zwangsliquidation beantragen musste. In der Folge gab die britische Luftfahrtbehörde die Einstellung der Geschäfte und damit die Streichung aller Flüge bekannt. Mit der grössten Rückholaktion in Friedenszeiten unter dem Codenamen «Matterhorn» wurden von der britischen Regierung gegen 150 000 Urlauber aus ihren Ferienorten zurückgeholt.

Zürich-Insurance-Streit mit deutscher Regierung

Der Versicherer Zurich Insurance stritt mit der deutschen Regierung um die Höhe der genauen Entschädigungen. Wie die WELT damals schrieb, fand das deutsche Justiz- und Verbraucherschutzministerium die rechtlich vorgesehene Begrenzungsmöglichkeit der Haftung auf 110 Millionen Euro beziehe sich «nur auf Kostenerstattungsansprüche, nicht aber auf die unmittelbar vom Versicherer zu tragenden Kosten der Rückbeförderung». Die Zurich dagegen wertete diese Aussage laut WELT als «absurde Interpretation des Gesetzes».

Da das Touroperating nie aus der Schweiz erfolgte, wurden hier ausschliesslich deutsche Reiseleistungen vertrieben. «Alle Kund*innen in der Schweiz mussten sich dementsprechend auch an die Zurich richten», sagt Jan Kundert, CEO Europäische Reiseversicherung ERV. Die ERV arbeitete ebenfalls mit Neckermann Reisen (Thomas Cook) in Pfäffikon SZ zusammen, wo deutsche Reiseleistungen vertrieben wurden.

Einrichtung eines Sicherungsfonds

Der Deutsche Bundestag beschloss nun die Einrichtung eines Sicherungsfonds, in welchen die Veranstalter zukünftig selbst einzahlen müssen und der im November dieses Jahres in Kraft gesetzt werden soll. Da die Versicherung jedoch bei der Zerschlagung von Thomas Cook nur einen Bruchteil der Kosten ersetzte, musste damals die Bundesrepublik einspringen. Ausser kleinere Unternehmen sind nun bald alle Reiseveranstalter dazu verpflichtet in den Reisesicherungsfonds einzuzahlen. Dieser soll Vorauszahlungen der Kund*innen, den Rücktransport gestrandeter Urlauber*innen und deren Unterbringung bis zur Rückreise garantieren. 

Auch in der Schweiz gibt es bei Pauschalreisen Verbandslösungen mit dem Reisegarantiefonds, der Swiss Travel Security  STS und der TPA Travel Professional Association. Dabei handelt es sich jedoch um Fonds und nicht um Versicherungslösungen, wie in Deutschland. Eine Obergrenze existiert grundsätzlich nicht, die Mittel sind aber auch nicht unbegrenzt. Die ERV beispielsweise bietet als Versicherer keine Kundengeldabsicherung an. Voraussetzung zur Partnerschaft mit ERV im Bereich Versicherungsvermittlung im Tourismus ist die Mitgliedschaft bei einem der oben genannten Fonds.

Binci Heeb


Tags: #Europäische Reiseversicherung ERV #Reisegarantiefonds #Sicherungsfonds #Thomas Cook