Versicherungsbroker für Courtagen bei Vorsorgeeinrichtungen

7. Mai 2021 | Aktuell
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Versicherungsbroker*innen und gebundene Vermittler*innen unterscheiden sich vor allem darin, dass Erstere den ganzen Markt kennen und Ihre Kunden mit den bestmöglichen Ratschlägen versorgen müssen. Nur sie, die speziell ausgebildeten und erfahrenen Broker*innen sind in der Lage, Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmende im Zusammenhang mit der beruflichen Vorsorge präzise und umfassend über die ganze Breite der Angebote zu beraten.

Bereits vor knapp einem Jahr unterhielt sich thebroker mit Markus Lehmann, Präsident der Swiss Insurance Broker Association SIBA, über das Thema «Schmuggelte Bundesrat Alain Berset den Artikel 69 E-BVG (berufliche Vorsorge) in die Vorlage?». Am 12. April 2021 fand die Eintretensdebatte des Geschäfts 19.080 «Modernisierung der Aufsicht» in der ständerätlichen Gesundheitskommission statt. Diese soll auch den Art. 69 E-BVG beinhalten, der dem Bundesrat die Kompetenz erteilen würde, die Vermittlerentschädigung in der beruflichen Vorsorge auf dem Verordnungsweg zu regeln. Während Gewerkschaften und der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP ein Verbot fordern, sind Broker und die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen dagegen.

Noch wurden keine Beschlüsse über Art. 69 E-BVG publiziert, doch die Detailberatung auf den 20. Mai 2021 angesetzt. Spätestens dann, dürfte über das Geschäft definitiv entschieden werden.

Zu den Anfängen

Ende November 2019 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Vorlage «Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule der Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge.» Unter anderem wird darin eine neue Gesetzesbestimmung im Bereich der Entschädigung von Brokern vorgeschlagen. Diese war jedoch nicht Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens und ist nachträglich im Rahmen der Botschaft eingefügt worden. Anlass war die Interpellation von SP-Nationalrat Mathias Reynard sowie Kritik einiger BVG-Fachkreise.

In der Begründung des Bundesrats auf die Interpellation wird die aktuelle Situation als unbefriedigend bezeichnet, es bestehe Anpassungsbedarf. Courtagen von Vorsorgeeinrichtungen an Broker für Aufträge, bei denen Arbeitgeber*innen als Auftraggeber*innen handeln, seien nicht im Interesse der Versicherten.

Broker sehen sich auch als von den Versicherten mandatiert. Sie entwickeln Pensions-Versicherungsprogramme und setzen diese gegenüber den Vorsorgeeinrichtungen im Namen der paritätischen Einrichtungen. Sie sind sie zu 50 Prozent von den Arbeitgebenden und zu 50 Prozent von den Arbeitnehmer*innen mandatiert. Somit sind die Arbeiten der Broker sehr wohl im Interesse der Versicherten. Verschiedene Broker haben gegenüber von thebroker gesagt, dass sie in der Vergangenheit einzelne Arbeitnehmende direkt beraten haben, bezahlt aus der Courtage für ihre Pensionskassenberatung.

Rechtsgutachten der Befürworter

Der ASIP hatte ein Rechtsgutachten bei AVS Advokatur für Vorsorge- und Sozialversicherungsrecht, L. Uttinger, R. Zellweger zu den umstrittenen Broker-Courtagen in Auftrag gegeben, welches vollumfänglich die Haltung des Pensionskassenverbandes stützt. Das Fazit der Kanzlei: «DieVorsorgeeinrichtung entschädigt mit der Courtage eine Partei (Broker), welche gesetzlich und vertraglich dazu verpflichtet ist, treuhänderisch die Interessen der Gegenpartei zu wahren. Diese Entscheidung erfolgt überdies für Aufgaben, welche ansonsten der Arbeitgeber besorgen müsste, Courtagezahlungen sind deshalb nicht mit dem Vorsorgezweck vereinbar. Ist Wachstum im Interesse der Destinatäre, muss die Vorsorgeeinrichtung eine andere Form der Vertriebsentschädigung finden.» 

Expertise der Gegner

Eine Expertise der Professoren Hato Schmeiser und Martin Eling von der Universität St. Gallen im Auftrag der Swiss Insurance Broker Association SIBA kommt zu gegenteiligen Schlüssen. Sie untersuchte «Nutzen und Kosten der unabhängigen Versicherungsvermittlung (Versicherungsbroker) für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der beruflichen Vorsorge». Als Fazit lehnen Schmeiser und Eling das von Bundesrat und Pensionskassenverband geforderte Verbot von Courtagen im Vorsorgegeschäft ab: «Kein grundlegender Systemwechsel angezeigt. Aber weitergehende Optimierungen im bestehenden System sind diskutabel – insbesondere im Bereich Transparenz, Ausbildung und Haftung».

Auch der Schweizerische Versicherungsverband SVV hat bereits im August 2020 ein Verbot für Maklercourtagen abgelehnt. Dieses sei «weder zielführend noch im Interesse der KMU».

Die SIBA, die als Verband für Vertragsfreiheit und Wahlmöglichkeiten der KMU steht, erachtet Verbote ebenfalls «weder als zielführend noch kostensparend». Die Entschädigung, ob Courtage, Honorar oder eine Kombination, soll zwischen Kundin oder Kunde und Broker*in weiterhin frei wähl- und entscheidbar sein.

Binci Heeb


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