Wann kommt endlich die neue Tarif-Reform in der Grundversicherung?

24. September 2021 | Aktuell

Mehr als 4 600 ärztliche und arztnahe Leistungen umfasst der Tarif für ambulante Leistungen Tarmed. Mit seinen zwanzig Jahren ist er veraltet und zudem seit seiner Einführung umstritten. Trotzdem können sich die beiden Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura nicht über einen gemeinsamen Tarif einigen.

Das schweizweit einheitliche Tarifsystem Tarmed (aus dem Französischen: tarif médical) stellt die ambulanten Leistungen von Arztpraxen, Kliniken und Spitälern an die obligatorisch versicherten Patient*innen in Rechnung. Dabei richtet sich die Entschädigung nach den Tarifverträgen zwischen der Medizinaltarif-Kommission UVG MTK und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH, beziehungsweise zwischen der MTK sowie den Spitälern der Schweiz H+.

Anhaltende Uneinigkeit zwischen den Verbänden

Sowohl Santésuisse wie Curafutura wünschen sich eine gute und kostengünstige ärztliche Grundversorgung ihrer rund 8,5 Millionen Versicherten. Doch es besteht Uneinigkeit zwischen den beiden Verbänden. Die Art der Erneuerung einer bindenden Tarifstruktur, nach der Ärzt*innen, Spezialist*innen und Ambulatorien ihre Leistungen abrechnen, ist dafür der ausschlaggebende Grund. Der Tarmed ist mit seinen zwanzig Jahren längst nicht mehr à jour. So enthält er Behandlungen, die heute gar nicht mehr durchgeführt werden. Dafür fehlen andere, welche inzwischen Praxisalltag sind. Die Medizin hat in den letzten zwanzig Jahren Fortschritte gemacht wie wohl nie zuvor. Höchste Zeit also, das Tarifsystem den heutigen Gegebenheiten anzupassen.

Nach Einigung auf aktualisiertes Tarifsystem plötzlich wieder Ablehnung

Die Branchenverbände der Ärzte FMH und der Versicherer Curafutura sowie die Medizinaltarif-Kommission MTK als Vertreterin der Spitäler hatten sich nach mehreren Versuchen auf ein aktualisiertes Tarifsystem geeinigt. Das neue Tarifmodell wurde anschliessend 2019 beim Bund eingereicht. Für den Prüfbericht benötigte das Bundesamt für Gesundheit BAG knapp 1,5 Jahre. Nach der Überarbeitung der noch offenen Punkte am Runden Tisch mit Santésuisse und Gesundheitsdirektorenkonferenz reichten nicht alle Partner den Tarif ein. Nur die FMH mit Curafutura taten dies, nicht aber die Spitäler.

Nun verlangt der Bundesrat eine gemeinsame Überarbeitung

Gemäss Medienmitteilung des Bundesrats vom 30.6.2021 ist es dem Bundesrat ein Anliegen das neue Tarifmodell «Tardoc» nicht einfach abzulehnen. Er fordert deshalb alle massgeblichen Tarifpartner dazu auf, eine vertiefte Diskussion über die Empfehlung des BAG zu führen, die Tarifstruktur Tardoc gemeinsam zu überarbeiten und erneut zur Genehmigung vorzulegen.

Ob ein einheitlicher Tarif überhaupt möglich ist, wird immer unwahrscheinlicher. Viel eher scheint, dass die vier Branchenverbände nun jeweils über eigene Tarife verfügen wollen. Ob der Bundesrat eine solche Lösung unterstützen und auf schnellstem Weg umsetzen würde, ist fraglich. Fest steht nur: Der gültige Tarmed ist ein Fossil, das in die Geschichtsbücher und nicht in aktuelle Abrechnungen gehört.

Binci Heeb


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