Zahlt die Lebensversicherung auch bei Suizid und bei Freitodbegleitung?

5. März 2021 | Aktuell

Lebensversicherungen in der Schweiz unterscheiden nicht zwischen Suizid oder einem begleiteten Suizid.

In der Schweiz belief sich die durchschnittliche Selbstmordrate auf 12,35 Suizide je 100’000 Einwohner. Damit belegte die Schweiz in Europa einen Platz im oberen Mittelfeld. An der Spitze liegen Litauen und Slowenien mit jeweils 25,82 und 19,58 Suiziden je 100’000 Einwohner. Ganz am Schluss sind die Türkei und Zypern mit 3,76 und 4,14. Die Daten wurden in einer Studie vom Statista Research Department im Dezember 2020 veröffentlich und betreffen das Jahr 2017.

Keine Regelung der organisierten Suizidhilfe in der Schweiz

Die Suizidhilfe ist nach wie vor stark nachgefragt. 2020 liessen sich 913 Menschen beim selbstbestimmten Sterben durch den Suizidbegleiter EXIT, der grössten Sterbehilfeorganisation der Schweiz, begleiten. Bundesrat und Parlament haben 2012 entschieden, auf eine ausdrückliche Regelung der organisierten Suizidhilfe zu verzichten. Sie kamen zum Schluss, dass die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten ausreichten, um Missbräuche zu behindern oder aufzudecken. Diverse Massnahmen trügen zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts bei. Dazu gehören unter anderem eine bessere Koordination der Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen, der Aktionsplan Suizidprävention, die Plattform Palliative Care und die verbesserte Versorgung von multimorbiden (an mehreren Krankheiten leidende) Personen. 

Exit verzeichnet Mitgliederzuwachs von 6 Prozent

Im vergangenen Corona-Jahr verzeichnete EXIT über 11’000 Beitritte. In der deutschen Schweiz und im Tessin zählte der Verein Ende 2020 insgesamt 135’041 Mitglieder. Die Freitodbegleitung nahmen 913 Menschen in Anspruch, das sind 51 Mitglieder mehr als 2019 und entspricht einem Zuwachs von 6 Prozent. Als Grund für die Zunahme an Freitodbegleitungen nennt EXIT unter anderem die deutliche Alterung der Gesellschaft. Zudem hat der Verein im Zusammenhang mit der Pandemie Anfang dieses Jahres einen deutlichen Anstieg bei Patientenverfügungen sowie an Anfragen für Erneuerung dieser verzeichnet.

Was ist eine Lebensversicherung?

Lebensversicherungen sind alle Versicherungen, die biometrische Risiken wie Tod oder Invalidität absichern sowie Versicherungen, die der privaten Altersvorsorge dienen. Der so genannte Leistungsfall tritt im Todesfall ein. Dann wird die Todesfallsumme an die begünstigte Person ausbezahlt. Wer die begünstigten Personen sein dürfen, hängt von der Wahl der Säule 3a oder 3b ab. Im ersteren Fall ist man an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Bei Säule 3b ist die Wahl der Begünstigten frei. 

Zwei Arten von Lebensversicherungen

Es existieren zwei Arten von Lebensversicherungen: die reine Risikolebensversicherung und die so genannte gemischte Lebensversicherung. Letztere kennt viele Formen und macht den Grossteil der Lebensversicherungen aus. Es gibt fest vereinbarte Beträge und solche, die an Index oder Entwicklung eines Fonds gebunden sind. Bei der gemischten Lebensversicherung geht es folglich darum, dass einerseits der Tod versichert wird und andererseits Geld gespart wird. Wird nur der Tod versichert, wird von einer Todesfallrisiko-Versicherung gesprochen.

Zahlt die Lebensversicherung auch bei Suizid?

Diese Frage ist mit einem klaren Ja zu beantworten. Die Lebensversicherer zahlen im Falle eines Suizids die volle Leistung, sobald dieser nach Ablauf der ersten drei Versicherungsjahren erfolgt. Diese «3-Jahres-Regel» ist in der Lebensversicherungsbranche üblich, erläutert die Helvetia auf Anfrage von thebroker. Wenn der Suizid vorher stattfindet, zahlt sie das Inventardeckungskapital, höchstens jedoch die im Todesfall versicherte Leistung. Das gilt jeweils auch für jede spätere Leistungserhöhung oder wenn die Versicherung wieder in Kraft gesetzt wird. Selbsttötung liegt auch dann vor, wenn die versicherte Person im Zustand der Urteilsunfähigkeit bzw. verminderter Urteilsfähigkeit gehandelt hat.

Versicherungen, die bei Suizid bezahlen, tun es auch bei begleitetem Sterben, denn auch dort muss der Suizidwillige den sogenannten «Giftbecher» selbst in der Hand halten und ihn trinken, oder wenn dies nicht mehr möglich ist, den Hahn für die tödliche Dosis selbst öffnen. Begleitetes Sterben ist demnach versicherungstechnisch einem Suizid gleichzusetzen ist. Unter anderem zahlen die Lebensversicherer HelvetiaMobiliar,  GeneraliAllianz Suisse und Zurich.

Gerade in Corona-Zeiten kann der Mensch über längere Zeit hohem Leidensdruck ausgesetzt sein, sogar daran verzweifeln. Suizidgedanken sind möglich. Solche Krisen gehen meist vorbei, trotzdem ist ein Gespräch mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten ratsam. Wo Soforthilfe und Rat zu finden ist, hat thebroker unten zusammengestellt.

Binci Heeb

Sämtliche Angaben entsprechen den Recherchen sowie den verfügbaren Unterlagen am Tag der Publikation und sind ohne Gewähr.

Sollten Sie selbst das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, sind diese Stellen rund um die Uhr für Personen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:


Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143. Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147. Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben: Refugium – Verein für Angehörige nach Suizid. Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils. Regenbogen – Selbsthilfevereinigung für Eltern, die um ein verstorbenes Kind trauern. Selbsthilfegruppen.


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